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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 528
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Tobias Wöhrle

Steinach höher. Dem Wahlvorschlag der NSDAP stimmten 91,59 Prozent
der Wähler zu.89

Im Vorfeld der Wahl und Volksabstimmung fanden in verschiedenen
Gasthäusern des Dorfes Veranstaltungen der NSDAP statt. So sprach unter
anderem im Oktober der populäre katholische Sickinger Pfarrer Wilhelm
Maria Senn, der 1932 wegen seiner Affinität zum Nationalsozialismus einige
Monate vom Dienst suspendiert war.90 Am Abend vor dem Wahlsonntag
fand „der letze Appell an die hiesige Einwohnerschaft statt". Unter
Mitwirkung der Musikkapelle hielt der Ortsgruppenleiter seine letzte
Wahlkampfrede. Er forderte die Versammelten auf, „am Sonntag seine
Pflicht unserem Führer gegenüber gewissenhaft zu erfüllen".91

80 ungültige Stimmen zeugen von einer gewissen oppositionellen Haltung
gegenüber dem Regime. Wahrscheinlich stammen diese Stimmen aus
dem Teil des katholischen Milieus, das sich weiterhin dem Zentrum und
der katholischen Kirche enger verbunden fühlte als dem Nationalsozialismus
, und der auch die Veränderungen im katholischen Vereinswesen nicht
gut hieß.

Steinach: Ein Dorf ist braun geworden

Die NSDAP drang in alle Bereiche des dörflichen Lebens vor, nicht zuletzt
auch deshalb, weil die Vereine bei jeder Gelegenheit mit einbezogen wurden
. Durch Aufmärsche mit Fahnen und Musik, Massenkundgebungen und
Fackelzüge sollten die Dorfbewohner „mitgerissen" werden. Auf der anderen
Seite gab es einen gewissen Druck mitzumachen. Die „nationale Sache
" wurde in den Vordergrund gerückt, und viele paßten sich den neuen
Gegebenheiten an. Viele Kinder und Jugendliche waren begeisterte Mitglieder
des Jungvolkes, der Hitlerjugend, der Jungmädel oder des BDM.
Es war hilfreich, wenn man in der Partei oder in einer ihrer Organisationen
war, wenn man sich um bestimmte Stellen bewarb. Doch nach wie vor gab
es Menschen, die dem Nationalsozialismus kritisch gegenüberstanden, die
sich von NS-Organisationen weitgehend fernhielten. Sie waren bei Veranstaltungen
im Dorf dabei, da sie oft auch Vereinsmitglieder waren, und
schließlich wollte man nicht auffallen. Es handelte sich entweder um die
Ablehnung des neuen Systems oder um eine kritische Distanz dazu, die
wohl aus dem katholischen Glauben heraus motiviert war, doch gab es keinen
aktiven Widerstand.

Wie die erhaltenen Entnazifizierungsunterlagen zeigen, stand zwischen
1933 und 1945 eine große Mehrheit des Dorfes hinter dem Nationalsozialismus
, der bis Kriegsende das Dorfleben bestimmte.92


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