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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 171
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Die Glocken der Heimat - Josef Sauer und das Unzhurster Geläute

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men. Mitte des 17. Jahrhunderts taucht ihr Name erstmals auf. Joachim
Grüninger führt die Glockengießerei seines Schwiegervaters Christoph Reble
weiter, der schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts Glocken gegossen
hat, so etwa 1614 für Schluchsee, 1615 für Villingen.31

Das Friedensintervall währt kurz, und als 1939 die Nationalsozialisten
den Zweiten Weltkrieg entfesseln, warten sie nicht lange mit dem Griff
nach den Glocken. Am 15. März 1940 erlässt Feldmarschall Hermann Gö-
ring, der Beauftragte für den Vierjahresplan, eine Anordnung über die Erfassung
von Nichteisenmetallen, um „der Kriegsführung auf lange Sicht
die erforderlichen Metallreserven zu schaffen."32 Die Weisung verfügt Anmeldung
und Abholung der Glocken. Sie sind zu erfassen „und unverzüglich
der deutschen Rüstungsreserve dienstbar zu machen." Ausbau und Abtransport
erfolgen auf Kosten des Reichs. Nach Kriegsende soll es zur Entschädigung
Ersatzmetall und Geld geben. Mit der Reichsstelle für Metalle
lässt Göring Richtlinien für die geschichtliche und künstlerische Bewertung
der Glocken ausarbeiten. Vier Gruppen (A, B, C und D) sind vorgesehen
. A, B und C sind in einem Zug auszubauen, nur Glocken von besonderer
künstlerischer oder geschichtlicher Bedeutung sollen aus der C-Gruppe
des ersten Krieges herausgelöst und als dauernd geschützt in die Gruppe D
eingereiht werden.33

Was den Stempel A erhält, soll unmittelbar verhüttet werden. Dazu gehören
grundsätzlich alle Glocken, die von noch lebenden Glockengießern
geschaffen sind, mit wenigen Ausnahmen alle Glocken von 1800 bis 1900,
aber auch eine ganze Reihe von Glocken des 16. bis 18. Jahrhunderts, sofern
sie keine besonderen Merkmale besitzen. Zahlreiche Glocken, die im
Ersten Weltkrieg noch in C waren, stehen jetzt in Gruppe B. Die Gruppe D
muss „aufs äußerste eingeschränkt" bleiben, verlangt Göring. Das Alter einer
Glocke allein kann das Einschmelzen nicht verhindern, auch der musikalische
Wert schützt vor dem Zugriff nicht, wenn ihn nicht ein besonderer
historischer Wert eskortiert. Während die Eingruppierung nach A, B oder
C endgültig ist, muss bei D in jedem Einzelfall der Beauftragte des Vierjahresplans
der Entscheidung von Kirchenbehörden und Denkmalspflegern
zustimmen. Das Ziel ist klar: Möglichst viel Metall will Göring gewinnen.
Gerade mal 150 Glocken gedenkt er für „Großdeutschland" in Gruppe D
zuzulassen.34 Am 7. November 1941 erklärt der Reichswirtschaftsminister,
jeder Kirchengemeinde bis auf Weiteres eine läutefähige Glocke lassen zu
wollen, und zwar, wenn es kein D-Glocke gibt, die kleinste C-, fehlt eine
solche auch, die kleinste B- oder dann A-Glocke.35

Josef Sauer zwingt der nationalsozialistische Griff nach dem Glockenmetall
zurück in die Knochenmühle. Die Aufgabe ist ungleich schwerer als
im Ersten Weltkrieg. Es ist eine Zeit und Kräfte verzehrende Arbeit, zumal
Sauer auch nicht mehr der Jüngste ist. 1937 ist er emeritiert, bleibt aber
Lehrender an der Universität. Die zwei Dekaden seit dem Ersten Weltkrieg


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