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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 424
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Hans-Jochen Schuck

zur Stelle war, um als inzwischen höherer Beamter und Vorstand der badischen
Landesversicherungsanstalt das Lungensanatorium Nordrach mit
zahlreichen Gebäuden und 70 Morgen Land dem bespitzelten „Umstürzler
" unter Wert für 300.000 Mark abzukaufen.8

Wenn die Obrigkeit ein scharfes Auge auf die „Villa" hielt, dann deshalb
, weil sie hier eine versteckte Druckwerkstatt für politische Flugblätter
und Agitationsschriften vermutete. Diese Annahme lag nahe, denn Offenburg
war Sammel- und Umschlagplatz verbotener Literatur, vornehmlich
Zeitungen, die für eine einheitliche Orientierung und Ausrichtung der einzelnen
, im Untergrund arbeitenden Parteigruppen unentbehrlich waren. Vor
allem aber erregte Adolf Geck (1854-1942) als Redakteur, Verleger und
Drucker einer liberal-demokratischen Zeitung mit 4000-er Auflage Verdacht
, die - soweit es die Zensur zuließ und wenn nicht vorübergehend
verboten - nach links tendierte. Sollte nicht doch dort oben eine heimliche
Druckpresse stehen? Das Haus im hinteren Ohlsbachtal war zwar zu keiner
Zeit Druckort, aber es diente - trotz Überwachung - als Agitationszelle
und Umpackstation, wo Schriften, mit neuen Deckblättern versehen und
umadressiert, zu Einzelsendungen zusammengestellt wurden; es war darüber
hinaus ein Hort versteckter revolutionärer Literatur und nahes Fluchtquartier
für all jene, die an der phantasievollen Umgehung der Pressezensur
beteiligt waren, wozu auch russische Emigranten zählten.

Carl Geck (1833-1915) wäre hier als Erster zu nennen, der um 20 Jahre
ältere Bruder von Adolf. Wie alle Mitglieder der großen, gut betuchten Familie
Geck ein sozialer Demokrat aus dem Geiste der badischen Revolution
von 1847^49, was nicht verwundert. Denn der Vater der insgesamt sieben
Kinder, Johann Baptist Geck (1806-1864), war Gemeinderat, gewählter
, aber amtlich nicht bestätigter Bürgermeister und Wirt des „Zähringer
Hofes", Hauptversammlungslokal der liberal-demokratischen Freiheitsbewegung
sowie Schauplatz des historischen Treffens der badischen Revolutionäre
am Vorabend des 13. Mai 1849. Schon er musste sich zusammen
mit Gustav Ree wegen Beihilfe zum Hochverrat in Bruchsal verantworten.
Die geistigen Einflüsse des Elternhauses und die Tradition Schwarz-Rot-
Gold zusammen mit sozialer Verantwortung haben Kinder und Kindeskinder
zeitlebens in individueller Weise geprägt.

Carl Geck zog als Fabrikant und Mitbegründer der Offenburger Glasindustrie
und ihrer Glasmalerei- und Glasmosaikwerkstätten (Derndinger,
Reindle, Schell & Vittali, Eugen Börner, Karl Vollmer) manche Künstler
an, die Entwürfe für Kirchen- und Profanfenster lieferten, und verkaufte
seine Produkte bis Übersee. In dem während des Sozialistengesetzes aufgebauten
und gut funktionierenden Organisations- und Vertriebsnetz für
verbotenes Schrifttum, „Rote Feldpost" genannt, kam ihm eine Schlüsselrolle
zu, was manchem Mitstreiter nicht ganz geheuer war. Konnte denn
ein Fabrikant auch ein Genosse sein, nicht eher ein Spitzel? Verlagsort der


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