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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 471
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Im KZ geschunden, unter Aktendeckeln begraben

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verzögern. Die Möglichkeit, dass die Klägerin aufgrund ihrer gesundheitlichen
Beeinträchtigung bald versterben könnte, war abzusehen.

Auf diese Weise hätte sich das Verfahren von selbst erledigt und es wären
keine überleitenden Entschädigungsansprüche für die Tochter Johanna
entstanden. Dieselben Überlegungen dürften bei der unterlassenen Überleitung
des Verfahrens im Jahre 1953 an das Landgericht Freiburg eine Rolle
gespielt haben.

Die gleiche Verschleppungsabsicht trifft vermutlich auch für den unzulässig
angenommenen Zweitantrag zu, welcher ebenfalls über Jahre hinweg
zeitgewinnend verzögert wurde.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass das rechtshängige Klageverfahren unter
Verstoß gegen die in Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes gewährleistete
Rechtsweggarantie unterdrückt worden ist, was den Straftatbestand der
Rechtsbeugung erfüllt. Auf diese Weise wurde jegliche Entschädigung erfolgreich
verhindert.

Warum der Petitionsausschuss des Landtags diese erkennbaren Rechtsverletzungen
im vorliegenden Falle nicht selbst geprüft hat, sondern der
rechtsfehlerhaften Beurteilung des Finanzministeriums folgte, ist nicht
nachzuvollziehen.

Schlussbetrachtung

Zwischen 1939 und 1945 sind 132 000 Frauen und Kinder, 20 000 Männer
und 1 000 weibliche Jugendliche des „Jugendschutzlagers Uckermark" als
Häftlinge des Konzentrationslagers Ravensbrück registriert worden. Die
nach Ravensbrück Deportierten stammten aus über 40 Nationen, unter ihnen
Jüdinnen und Juden sowie Sinti und Roma. Zehntausende wurden ermordet
, starben an Hunger, Krankheit oder durch medizinische Experimente
. Nach dem Bau einer Gaskammer Ende 1944 ließ die SS zwischen
5 000 und 6 000 Häftlinge in Ravensbrück vergasen.

Elsa Santo gehörte zu den Entwürdigten und Geschundenen, die die
Hölle von Ravensbrück überlebt haben. Im KZ Ravensbrück trug Elsa Santo
einen blaugraugestreiften Rock mit dem Roten Winkel der politisch Verfolgten
und auf dem linken Arm die Häftlingsnummer 95 137.

Der Kampf des KZ-Opfers Elsa Santo und die Bemühungen ihrer Tochter
Johanna um Wiedergutmachung blieben erfolglos. Unwillkürlich stellt
sich dem um Objektivität bemühten Leser die Frage: Kann man es den Betroffenen
und deren Angehörigen verargen, wenn sie durch die Häufung
von Verfahrensfehlern, den unerklärlichen Verlust der Gerichtsakten, die
fehlerhafte Beurteilung und unterbliebene Rechtsbelehrung durch die Behörden
und Gerichte ihr Vertrauen in den Rechtsstaat verloren haben?

In seinem Schreiben vom 25. Januar 1995 an Johanna F. bringt es
Rechtsanwalt Matthias Kurbjuhn, Waldkirch, auf den Punkt. Er schreibt:


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