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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 475
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475

In Memoriam Charles Hermand

(24. März 1900-12. April 1945): Opfer des Massakers
in der Offenburger Artillerie-Kaserne

Martin Ruch

Wo der Ort dieses schrecklichen Verbrechens vom 12. April 1945 war, ist
merkwürdigerweise lange Zeit unklar gewesen. Merkwürdig deshalb, weil
ein Zeitzeuge eindeutig die Artilleriekaserne in der Prinz-Eugen-Straße als
Lager der Gefangenen benannt hatte.1 Auch der Historiker Uwe Schellinger
schrieb 1998 in seiner Arbeit über die Ihlenfeld-Kaserne, das Massaker
sei „aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in der Ihlenfeldkaserne, sondern in
der 1939-1941 erbauten Artilleriekaserne verübt worden".2 Doch in der
Öffentlichkeit standen zwei Kasernen zur Diskussion, die Ihlenfeld- und
die Artilleriekaserne: 41 Kriegsgefangene, Juden, Katholiken, Orthodoxe,
Protestanten aus Polen, Belgien, Frankreich und anderen Nationen sind damals
, drei Tage vor dem Einmarsch der französischen Truppen in die Stadt,
also kurz vor der endgültigen Befreiung, in einem Kasernenkeller bestialisch
erschlagen worden.

Ein Zeitzeuge

Der ebenfalls kriegsgefangene Sohn eines der Opfer, der polnische Jude
Sigmund Nissenbaum, hat auf der Suche nach seinem Vater Leib Nissenbaum
den Tatort selbst gesehen und darüber 1981 im Rahmen einer Gedenkveranstaltung
auf dem jüdischen Friedhof Offenburg für die Opfer des
Massenmordes berichtet:

„Als im Jahre 1933 Adolf Hitler in Deutschland an die Macht kam, war
mein Vater Leib Nissenbaum 35 Jahre alt. Er lebte mit seiner Frau und fünf
Kindern friedlich und in bescheidenem Wohlstand in Warschau, wo er eine
Ziegelei betrieb. (..) Als im Herbst 1939 Hitlers Armeen in Polen einmarschierten
, war ich gerade 12 Jahre alt. Damit war mit einem Schlag meine
unbesorgte Kindheit zu Ende. Was folgte waren fünfeinhalb Jahre des
Grauens, ausgefüllt mit Elend, Hunger, Quälerei und Mord. Im Jahre 1941
wurde unsere Familie ins Warschauer Ghetto gebracht, wo zu dieser Zeit
ca. 500 000 Juden aus ganz Polen zusammengetrieben wurden. (...) Als das
Ghetto von der SS zerstört wurde, blieben schließlich noch 26000 Menschen
übrig, die dann in das Vernichtungslager Treblinka deportiert wurden
. Von unserer Familie waren noch fünf übrig, meine Eltern, ein Bruder,
eine Schwester und ich. (...) In Treblinka wurde unsere Familie getrennt.
Meine Mutter und meine Schwester wurden in die Gaskammern geschickt


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