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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 310
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Andreas Lörcher

keit muss es aber der April 1945 gewesen sein. Man kann somit schlussfol-
gern, dass das geschilderte Verbrechen nicht im März 1944, sondern aller
Wahrscheinlichkeit nach im März 1945 begangen wurde.

Die angestellten Überlegungen veranschaulichen, dass sich Parallelen,
wie sie die Staatsanwaltschaft für den Fall Leonow und den Fall des 12.
Aprils gesehen hat, leicht ziehen lassen. Wenn man die sich ergebenden
Widersprüche verschweigt, kann ein kohärentes Bild entstehen, das leicht
nachzuvollziehen ist, aber den Realitäten nicht entspricht.

Die Quellenkritik ist daher eine wesentliche Aufgabe von wissenschaftlicher
historischer Forschung, denn Dokumente sind nicht unfehlbar und
sie müssen kritisch untersucht und deren Entstehungszusammenhang in die
Gesamtbetrachtung mit einbezogen werden. Zum Entstehungszusammenhang
der staatsanwaltlichen Akten ist zu sagen, dass die Behörde der Zentralstelle
für die Aufklärung von NS-Verbrechen wegen ihres auffallend laschen
Umgangs mit NS-Verbrechen zum Gegenstand internationaler Kritik
wurde. Zur Zeit der Ermittlungen im Fall Offenburg war Oberstaatsanwalt
Erwin Schüle Leiter der Behörde. Wie sich später herausstellte war er
selbst NSDAP- und SA-Mitglied gewesen und wirkte in seiner Amtszeit
darauf hin, die Aufklärung von NS-Verbrechen zu behindern.22 Inwieweit
die Offenburger Staatsanwälte vorbelastet waren, kann nicht mehr nachvollzogen
werden. Doch generell kann gesagt werden, dass ab den fünfziger
Jahren des 20. Jahhunderts die NS-belasteten Beamten durch den Artikel
131 des Grundgesetzes ihre Stellungen zurückerhielten und so in den
öffentlichen Dienst der Bundesrepublik zurückgeführt wurden.23 Insgesamt
war die Zeit der fünfziger und sechziger Jahre durch die kollektive Verdrängung
von NS-Verbrechen und die Widereingliederung von ehemaligen
Nazis in die öffentliche Gesellschaft gekennzeichnet. Die Untersuchung
des Massakers vom 12. April 1945 blieb ohne Folgen, denn diejenigen Personen
, denen man eine Schuld nachwies, waren mittlerweile verstorben;
für die Beteiligung anderer Verdächtiger fand die Staatsanwaltschaft keine
Beweise und stellte die Ermittlungen ein.

Im Rahmen meiner Nachforschungen stieß ich auf Widersprüche zwischen
dem von Nikolai Leonow geschilderten Fall, der den Anstoß für die
staatsanwaltlichen Ermittlungen gab, und dem Massaker des 12. April
1945. Dabei stellt der Fakt, dass Leonow die Namen von Opfern nennt und
diese nicht auf der Liste der Ermordeten des Verbrechens vom 12. April
stehen, die gravierendste Unstimmigkeit dar.

Des Weiteren sollte in diesem Aufsatz aufgezeigt werden, dass die Besonderheit
des Verbrechens vom 12. April vor allem darin besteht, dass die
Tat durch eine überlieferte Totenliste und den Fund des Massengrabs bewiesen
werden konnte. Aufgrund dieser harten Fakten wurde den Ausführungen
der ehemaligen KZ-Häftlinge zu dieser Tat Glauben geschenkt.
Doch wenn man ihren weiteren Ausführungen folgt, stößt man auf Verbre-


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