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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
91. Jahresband.2011
Seite: 19
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2Q Kurt Hochstuhl

tionen auf. Die Ursachen für diesen Hunger nach gelebtem Leben
sind vielfältig. In der Beschäftigung mit der Vergangenheit
kommt die tiefe Sehnsucht der Menschen nach Verortung im
Hier und Jetzt zum Ausdruck, die Suche nach Halt und Orientierung
in einer zunehmend komplexeren und undurchschaubaren
Welt. Der Rekurs auf die Vergangenheit kann der eigenen Identität
Stabilität und Bodenhaftung zurückgeben; und es kommt
nicht von ungefähr, dass in der Demenztherapie solche Erinnerungsanker
bewusst eingesetzt werden, um letzte vorhandene
Reste von Orientierung zu aktivieren. Geschichte ist in der Lage,
Orientierung zu geben, zumindest auf der individuellen Ebene.
Zu wissen, wo man herkommt, ist noch kein Freibrief dafür, dass
man auch weiß, wo man hingeht. Aber das Wissen des Herkommens
kann hilfreich sein bei Entscheidungen über die Auswahl
des zukünftig zu gehenden Weges.

Häufig stehen normale, ja vielmehr banale Fragen am Anfang
einer Beschäftigung mit der eigenen oder der kollektiven Geschichte
. „War Opa ein Nazi, war er Täter, Opfer, Mitläufer, wie
war das Verhalten seiner Familie, der Nachbarschaft, der Dorfgemeinschaft
in jenen zwölf Jahren?", mit solch konkreten Anfragen
werden die Archive derzeit nahezu überschwemmt. Und das
ist gut so. Denn häufig stehen solche Fragen am Anfang einer
biografischen Leidenschaft, die viele Menschen erfasst und danach
nicht mehr loslässt. Wie kann es den Geschichtsvereinen
gelingen, solche sicherlich historisch Interessierten zukünftig an
sich zu binden? Finden Sie derzeit Platz in unseren Geschichtsvereinen
? Fühlen sie sich dort überhaupt willkommen, gibt es
dort Programme, Angebote für sie? Ich habe da meine Zweifel.
Wie anders ist es sonst zu erklären, dass nirgendwo - so weit ich
es überblicke - ein lokaler oder regionaler Geschichtsverein federführend
in einer der zahlreichen „Stolpersteine"-Initiativen ist,
die in den letzten Jahren eine beeindruckende Anzahl von Freiwilligen
gefunden haben, die sich mit dem Schicksal der ehemaligen
jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen auseinandersetzen
und dabei nicht nur eine ganze Menge über den Alltag im
Dritten Reich erfahren, sondern auch öffentlich wahrgenommen
werden und Anerkennung finden. Ich weiß, dass man unsere Geschichte
nicht auf jene zwölf Jahre reduzieren darf. Aber wenn es
darum geht, potenzielle Mitglieder anzusprechen, müsste man es
nicht da tun, wo sie sich mit ihren Interessen und Aktivitäten
aufhalten?

Was hindert die Geschichtsvereine, mit eigenen Projekten auf
den Markt zu gehen und dort Mitstreiter und damit zukünftige
Vereinsmitglieder zu rekrutieren, was hindert uns, die Mitmachbewegung
„Geschichtsverein" in die Öffentlichkeit zu tragen und


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