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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
91. Jahresband.2011
Seite: 112
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2011/0113
Zur Schicksalswende zweier jüdischer Viehhändler-Familien aus Offenburg

Ende 1941 wurde politisch entschieden, was die deutsche Regierung
schon seit längerem unter dem Begriff der „Endlösung der
Judenfrage" umschrieben hatte. Jetzt wurde nicht mehr die Verpflanzung
aller europäischen Juden in irgendeinen entlegenen
Landstrich der Erde favorisiert, sondern ihre Deportation und
Vernichtung in Lagern Osteuropas. Was Frankreich anging, so
oblag es dem deutschen Besatzungsregime in Paris, in Zusammenarbeit
mit Vichy die Modalitäten dieses Planes auszuarbeiten
. Mitte 1942 willigte die französische Regierung als besetztes
Land ein, dass in einer gemeinsamen Aktion eine von den Deutschen
geforderte Anzahl von Juden in beiden Zonen festgenommen
werden könne, sofern es sich dabei nicht um französische,
sondern nur um staatenlose oder Juden anderer Staatsangehörigkeit
handle. Damit war der Weg für die Massendeportationen aus
Frankreich in die Lager des Ostens geebnet; das bedeutete auch,
dass alle jüdischen Internierten der großen Lager des Südens aufs
höchste gefährdet waren.

Am 11. August 1942 verlässt gegen 7 Uhr morgens ein Zug den
Bahnhof Rivesaltes in Richtung Norden. In die 16 Güterwagen
sind bereits ab dem Vorabend jeweils 25 Personen verladen worden
, vorwiegend die Juden aus dem südwestdeutschen Raum, die
am 22. Oktober 1940 nach Gurs verschleppt wurden. Unter
ihnen sind auch Paul und Mina Hammel. Unterwegs werden
noch weitere Waggons aus anderen Lagern angehängt, sodass der
Deportationszug 782 Menschen umfasst; darunter sind auch acht
Kinder, deren Eltern sich von ihnen nicht trennen konnten. Ankunft
in Drancy am Morgen des 12. August. In diesem überfüllten
und schmutzigen Lager bei Paris müssen sie auf ihren Weitertransport
zum „Arbeitseinsatz in den Osten" warten. Zwei Tage
später werden alle aus Rivesaltes Gekommenen mit dem convoi
19 nach Auschwitz deportiert; unter den 1000 Personen befinden
sich zum ersten Mal auch (80) Kinder unter 12 Jahren, allerdings
aus der besetzten Zone. 115 Menschen, Männer zwischen 18 und
42 Jahren, werden an der Rampe selektiert; alle anderen, auch die
Kinder, werden sofort ermordet. Von Paul und Mina Hammel
gibt es kein Lebenszeichen mehr.32

Dasselbe tragische Schicksal erleiden auch Julius und Irma
Hammel. Sie werden am 4. September 1942 zusammen mit 620
anderen jüdischen Menschen mit dem Deportationszug nach
Drancy verschleppt. Es bestürzt sie sehr zu sehen, dass auch mehr
als 70 Kinder die Fahrt ins Ungewisse mitmachen müssen. Was
sie nicht wissen können: offiziell als „regroupementfamilial" („Familienzusammenführung
") umschrieben, täuschen die französischen
Behörden eine „humanitäre" Aktion für einen politischen
Zweck vor: die Kinder, denen man einredet, ihre (nach Auschwitz


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