Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
91. Jahresband.2011
Seite: 119
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Peter Künzel

sehen und deutschen Patrouillen und die am leichtesten zu überwindenden
Grenzpunkte. Kurt und Rudolf vertrauen sich ihm
an. Die Grenze verläuft durch ein kleines Wäldchen, sie besteht
„nur" aus einem anderthalb Meter hohen dreifachen Stacheldrahtzaun
. Alle aus der kleinen Gruppe schaffen es gegen 21 Uhr,
ohne Zwischenfall hindurch zu schlüpfen. Schon auf Schweizer
Gebiet, werden sie plötzlich von einem Soldaten mit „Halt dal"
gestoppt. Aber nichts Bedrohliches passiert. Man lässt die kleine
Schar auf einen Lastwagen steigen und bringt sie in die nahe
Kommandantur. Dort werden alle ausgefragt, und alles wird notiert
... Erleichterten Herzens geben sie Auskunft.

Zu diesem Zeitpunkt war es für Kinder und Jugendliche unter
16 Jahren relativ einfach, in der Schweiz aufgenommen zu werden
. War man einmal auf ihrem Territorium, selbst illegal, also
ohne Visum, so wurde in allen Fällen eine Duldung ausgesprochen
. Ab Herbst 1943, dem Zeitpunkt der deutschen Okkupation
Gesamtfrankreichs, wurden diese Bedingungen jedoch deutlich
verschärft.44

Da sie keine Verwandten in der Schweiz vorweisen können,
werden die beiden Brüder zuerst für drei Wochen in den Quarantänelagern
Champel und Charmilles bei Genf interniert. Als weitere
Zwischenstation leben sie für einige Monate im Kinderheim
der Lilly Volkart in Ascona/Tessin; dort treffen sie mit den Haberer
- und Cohn-Mädchen vier Offenburger Kinder wieder. Doch
die italienischsprachige Schweiz erweist sich für Schule und Ausbildung
eher als nachteilig. Durch den Kontakt mit dem ehemaligen
Erzieherehepaar Isidore und Miriam Bernstein, welches
auch in die Schweiz fliehen konnte, gelingt es Kurt und Rudolf,
an das bei Genf gelegene Home de la Foret zu wechseln. Die Bernsteins
sind dort wieder als Erzieher angestellt. Das Haus nimmt
90 junge Leute zwischen 12 und 20 Jahren auf, die aus den Häusern
der OSE geflohen sind; es bietet Werkstätten verschiedener
Richtungen an sowie eine Schule, die helfen soll, in den Genfer
staatlichen Schulbetrieb integriert zu werden. Aus einem Brief
Kurts an seine Verwandten in den USA: „Genf, den 23.1.1945
Meine Lieben! Eure 208 Schweizer Franken haben wir erhalten. Vielen
vielen Dank dafür. Wir können sie gut gebrauchen. Hoffentlich seid Ihr
alle bei bester Gesundheit, was bei uns bisher immer der Fall ist...
Rudolf hat sehr streng Schule, aber seine Lehrer sind sehr nett zu ihm.
Ich komme in ein paar Tagen zu einem Gärtner, um Blumengärtner zu
lernen. Im April macht es zwei Jahre, daß wir in der Schweiz sind.
Hoffentlich geht der Krieg noch dieses Jahr aus ... "45

Spätestens Mitte 1945 wird dann klar, dass beide Brüder die
Absicht haben, zu den amerikanischen Verwandten zu emigrieren
. „ Von Onkel Leon aus Palästina haben wir auch immer Post. Er


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