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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
91. Jahresband.2011
Seite: 155
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Heinz G. Huber

vieles vergrößert", heißt es am 21. Januar 1888 in einem Bericht
des Oberkircher Bezirksamtes an das Innenministerium.64 Der
Oppenauer Gendarm Neckermann, dessen Wohnung sich gegenüber
der ehemaligen Dreher'schen Anlage befand, gab 1887
an, dass sich an den Bäumen und an den Feldfrüchten seit Inbetriebnahme
der neuen Anlage Rußablagerungen zeigten. Die
zum Trocknen aufgehängte Wäsche habe sich schwarz gefärbt,
da der aus Teer hergestellte Ruß fettstoffhaltig war, hinterlasse er
auf der Wäsche Flecken. Bei Südwestwind treibe der Wind den
Ruß gegen Haus, die Fenster könnten nicht geöffnet werden.65
Anwohner hatten sich 1881 darüber beklagt, dass seit der Umwandlung
der ehemaligen Harzfabrik in eine Rußhütte die Obstbäume
ganz schwarz seien, das Obst sei ungenießbar, die Bäume
gingen dem Absterben entgegen. Auch das Gemüse aus dem
Garten sei ungenießbar, der Ruß dringe sogar in das Innere der
Wohnungen ein. Selbst wenn die Fenster geschlossen blieben,
dringe der feine Ruß bis in die Kleiderschränke ein.66

Drastisch schilderte auch der Bezirksarzt Dr. Schneider die Folgen
der industriellen Rußherstellung, als er wegen der Erweiterung
der ehemals Dreher'schen Fabrik 1886 um Stellungnahme
gebeten wurde. In Rußfabriken entwickelten sich bei der unvollkommenen
Verbrennung Gase wie Kohlensäure, Kohlenoxid,
Sumpfgas, Leuchtgas, schweflige Säure, Blausäure, Ammoniak
und flüssige Kohlenwasserstoffe. Sie seien nicht nur brennbar
und verursachten Gestank, sondern seien auch wegen ihrer Giftigkeit
für Menschen und Pflanzen schädlich. Schweflige Säure
reize die Schleimhäute, auch finde eine Ablagerung der feinen
Rußpartikel in der Lunge statt.67 Schließlich wurde immer wieder
vor der Feuer- und Explosionsgefahr gewarnt, der sich die Anwohner
von Rußfabriken gegenübersahen.

Die Behörden gingen noch am ehesten auf die Sicherheitsbedenken
der Bevölkerung ein und verordneten die Anbringung
von Sicherheitsklappen und Feuertüren, höhere Kamine mit Rußfängern
und Läden, die sich bei Explosionen nach außen öffneten
. Belästigungen, so die Logik in der damaligen Zeit, waren im
Sinn des allgemeinen wirtschaftlichen Fortschritts hinzunehmen,
wenn sie ein bestimmtes Maß nicht überschritten.68

Bemerkenswert bei der Diskussion um die Erweiterung der Anlagen
auf dem Areal des ehemaligen Anwesens Dreher war jedoch
die Stellungnahme der Stadt Oppenau und des Bezirksamtes. Op-
penau sei, so lautete 1884 die Feststellung in einem Ortsberei-
sungsprotokoll, auf Gewerbe angewiesen:69 „Das Gewerbe liegt
derzeit sehr danieder, wozu noch der Umstand tritt, dass die Gewerbe
bedeutend übersetzt sind. So zählt man 11 Metzger, 23
Gastwirtschaften und 6 Bierbrauereien/' Neben der Ruß- und


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