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Ovid, ein moralisierter Dichter der Liebe
dem Jahre 1494 und eine wunderschöne Abbildung des Dichters
(siehe Abbildung 1) zwischen seinem Kommentator und Illustrator
in einem ganzseitigen Totentanzrahmen(I). Ein hochgelehrter
lateinischer Kommentar steht neben und unter dem Text, ergänzt
von einem ausführlichen Register. Leider fehlt eine Vers-
nummerierung am Rande, so dass eine Vollständigkeitsprüfung
für das Gesamtwerk immerhin sehr mühsam wäre. Das genaue
Datum der Herausgabe schließt das Opus mit der Angabe „Am
29. Februar 1508".
Der zweite Teil dieser Humanistenedition von 1510 bringt
einen sehr schönen Textabdruck von Ovids Hauptwerk seiner
mittleren Schaffensperiode aus den ersten Jahren des ersten nachchristlichen
Jahrhunderts, das 12000 Verse reine Hexameter umfassende
Meisterwerk der METAMORPHOSEN. Auf ein Beispiel
dieser Verwandlungssagen, die lateinisch meist als „tranformatio-
nes" wiedergegeben werden, soll inhaltlich im letzten Teil dieser
Abhandlung unter verschiedenen Gesichtspunkten noch eingegangen
werden. Eine nützliche Biographie und ein Werkverzeichnis
bereichern die Arbeit mit diesem Buch. Zu Anfang aller
15 Einzelbücher dieser Metamorphosen finden sich Holzschnitte,
die den Inhalt markant illustrieren: Nach der Abbildung einer
eindrucksvollen halbseitigen Windrose wird zu Ovids dichterischer
Vision der Schöpfung aus dem Anfangschaos auf dem Titelblatt
, und vor dem ersten Buch erneut, ein quasi christlicher Gottvater
mit einigen seiner neu kreierten Tiere dargestellt (Abb. 5).
Vor dem zweiten Buch folgt eine echt mittelalterlich interpretierte
Abbildung vom Sturz des Phaeton mit seinem Sonnenwagen
(Abb. 6): Sein Vater Helios, der Sonnengott, als Zuschauer
erscheint als thronender Christus unter einem Baldachin sitzend,
der übermütige sonnensüchtige Sohn wird, genauso wie später
der hoch fliegende Ikarus als Beispiel für fehlende Demut gesehen
. Diese christlichen Uminterpretationen haben wahrscheinlich
Ovid im Mittelalter das Überleben gesichert. Nur allegorische
Deutungen der heidnischen Geschichten ermöglichten eine Aufnahme
in den offiziell sanktionierten Kanon, sodass Ovid im
11. Jahrhundert zu den am meisten überlieferten, gelesenen und
geschätzten Autoren der Antike werden konnte. Das hatte auch
schon frühzeitig zu einer völligen Eliminierung aller erotischen
Frühwerke geführt. Sie wurden zwar auch in den Handschriften
und Drucken überliefert und sind heute allgemein verfügbar, den
Eingang in die Schulen fanden sie auf Einspruch der zuständigen
moralischen Autoritäten aber nicht. Schon zu Lebzeiten des
Dichters war Ovid damit in Widerspruch zur offiziellen Gesellschaftspolitik
des Kaisers Augustus geraten, der sich mit seiner
restaurativen Familien- und Sittengesetzgebung um die Wieder-
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