Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
91. Jahresband.2011
Seite: 321
(PDF, 95 MB)
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Manfred Merker

ten Jüngling, um ihm nahe zu sein, hoch ins Gebirge und trägt
seine Jagdausrüstung, „wodurch die Flammen der Liebe ständig
neue Nahrung erhalten". Danach „werfen sie in der größten Mittagshitze
beide ihre Kleider ab, salben die glänzenden Körper mit
fettem Olivenöl" und beginnen einen Wettkampf mit dem Diskuswerfen
. Die Lust am Spielen lässt den Jüngling alle Vorsicht
vergessen, er will den vom göttlichen Liebhaber kraftvoll geschleuderten
Diskus zu früh aufheben und wird dabei tödlich im
Gesicht getroffen. Apoll kann ihn trotz allen Bemühens nicht vor
dem tödlichen Erschlaffen in seinen Armen bewahren, beginnt
mit der Totenklage und möchte mit ihm sterben (Abb. 10). Verzweifelt
fragt er sich, ob denn seine Liebe eine Schuld sei und so
enden müsse und verspricht seinem so früh durch ihn gestorbenen
Geliebten, Lieder für ihn zu singen. Dann folgt die Metamorphose
: Apoll verwandelt das Blut des schönen jungen Freundes
in eine Frühlingsblume, die dessen Wesen auch in der königlichen
Purpurfarbe bewahren soll. Darüber hinaus wird die neue
Blume im Inneren seine Klage für alle Zeiten verewigen. Zu Ehren
des Hyazinthus wird im dorischen Griechenland alljährlich zum
Frühlingsbeginn ein Vegetationsfest gefeiert, das an den Toten
genauso erinnert, wie die Adonisfeste an den Geliebten der
Venus. Mit dieser Metamorphose endet die rührende Liebesgeschichte
des unglücklichen Gottes zu seinem menschlichen Liebling
. Auch der von irren Bacchantinnen zerfetzte Orpheus, der
Sänger dieser Liebessagen, überlebt am Ende dieser Erzählungen
teilweise verwandelt, indem ein Fluss sein weiter singendes Haupt
samt Lyra ins Meer bis nach Lesbos trägt, wo seinem Andenken
ein Tempel gestiftet wird.

Der letzte Vers dieser Metamorphose, Vers met. X, 216, hat
eine Jahrhunderte lange Kontroverse darüber ausgelöst, um welche
Blume es sich bei Hyazinthus' Verwandlung handelt und was
es mit der Inschrift in der Blume auf sich hat. Eine Hyazinthe
herkömmlicher Art, so wie sie in der Antike und auch bei uns
alljährlich durch ihr Aufblühen das Kommen des Frühlings ankündigt
, enthält keinerlei Zeichen, wie sie Apoll prophezeit hatte.
Befragen wir die Kommentare unserer Offenburger Ovidausga-
ben, die vor vielen hundert Jahren auch schon an diesem Problem
herumgerätselt haben! Der Kommentator der Amsterdamer
Ovidausgabe (F 491,1671) von Schmautzius verwirft Vulgatales-
arten, die „HYA" überliefern, und sieht den Klagelaut antiker
Chorlieder „AI, AI!" mit Verweis auf Sophokles (in der Tragödie
„Aias", 430-432) und Plinius (nat. hist. 21, cap. 66) als die richtigen
Blumenzeichen an. Auch unsere Lyoner Prachtausgabe
(F 589 = ramm, 1508/10) äußert sich ähnlich. Ihr Kommentator
erkennt (auf Fol. CXLIIII) in der im Vers angedeuteten Inschrift


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