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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
91. Jahresband.2011
Seite: 324
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Ovid, ein moralisierter Dichter der Liebe 325

Eintragung des Zeichners, dass die abgebildete
Zeichnung einer Hyazinthenblüte bei einem Vorgänger
sternenförmig, und damit falsch wiedergegeben
sei, er dagegen richtig, „ad vivum" nach der
Natur gezeichnet habe. Dann können wir eine erstaunliche
Entdeckung machen: Unter der Bezeichnung
„Hyacinthus Indicus Tuberosa Radice"', einer
indischen Hyazinthe mit höckriger Knollenwurzel,
präsentiert sich eine mehrblütige Lilie mit ihren
Knospen und entfalteten Blüten, aus deren Mitte
uns zwei/drei Buchstaben entgegenleuchten (Abb.
12). Sind sie das „AI" des klagenden Apollo, dessen
Namen auch mit A beginnt, über den Tod des Hya-
zinthus, das ,,A(I)" des Aiasnamens, ja sogar darüber
hinaus, umgedreht betrachtet, das „Y" (ein H gibt es
im Griechischen nicht!) des dann doppelt verewigten
Hyazinth? Es spricht alles dafür, dass wir hier
durch das glückliche Zusammentreffen zweier ra-
rum-Editionen der Historischen Bücherei Offenburg
Ovids purpurne Hyazinthuslilie mit den Klagezeichen Apolls und
Namenszeichen des unglücklichen Aiax gefunden haben. Die
Natur hat mit dem Spiel ihrer dreifachen „A"-ähnlichen Einzeich-
nung in der Mitte des Blütenstempels der Lilie sogar noch den
spielerischen Dichter der Metamorphosen und seiner Vorgänger
übertroffen (Abb. 13).

Botanisch gesehen handelt es sich bei dieser antiken
„Hyacinthus"blume um eine Iris germanica, L., eine violettblaue
Schwertlilie, oder ein Delphinium Aiacis, L., einen wilden Gartenrittersporn
, lat. vaccinium, beide aus der Familie der Zwiebel bildenden
Liliengewächse. Hyacinthus bezeichnet gleichzeitig
einen dunklen Amethysten und eine violettblaue Seide. Der
Name des Hyazinthus ist vorachäisch-mediterran und verweist
auf eine autochthonische Vegetationsgottheit Südgriechenlands.
Mit unserer botanischen Bestimmung der Purpurlilie Ovids
konnte ein bislang nicht gelöstes Geheimnis aufgehellt werden.
Dank des Zusammentreffens zweier einschlägiger Bücher der Historischen
Bücherei Offenburg wurde ein Jahrhunderte altes Forschungsproblem
endlich zufriedenstellend gelöst, wenn auch
noch zwei Probleme offen bleiben müssen.

Abschließend stellt sich die Frage, ob der Dichter Ovid die beschriebene
Blume selbst einmal gesehen hat. Als wahrscheinlich
ist anzunehmen, dass auch er sie ohne eigenen Augenschein aus
der literarischen Tradition übernommen hat - und das führt uns
auf eine hochinteressante kulturhistorische Spur. Als Vorläufer
und Quelle für seine Verwandlungsmythen ist ein hellenistischer

Abb. 12: Die gesuchte
Blume Ovids:
Hyacinthus Indicus
Tuberosa Radice


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