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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
91. Jahresband.2011
Seite: 428
(PDF, 95 MB)
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_ 429

Vergangenheit und Gegenwart zusammenbringen

Wie junge Amerikaner ihre Ahnen auf dem jüdischen Friedhof
in Schmieheim finden können

Georges M. 7eitler

In Mittelbaden lebten im 19. Jahrhundert sehr viele Juden, oft
mit zahlreichen Kindern, wobei allerdings ein großer Teil schon
im ersten Jahr verstarb. Früh vielen Restriktionen ausgesetzt in
Bezug auf Lebensbedingungen, wie auch Berufsausbildung etc.,
lebten sie in unterdurchschnittlich ärmlichen Verhältnissen.
Schon Mitte des 18. Jahrhunderts sahen sich deshalb viele veranlasst
, auszuwandern, wobei die USA das Ziel der meisten war.
Aber nicht nur an die Ost- oder Westküste begaben sie sich, sondern
z. B. nach Kansas, wo sie Vieh- oder Pelzhändler und dergleichen
wurden, und es zu Reichtum und Ehren brachten. Mit
Beginn der 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts wurde vielen klar,
dass für sie keine Zukunft in Deutschland bestand, und es setzte
eine große Auswanderungswelle ein - nach Nord- und Südamerika
, nach Australien, nach Israel und dergleichen. Im Frühjahr
1939 wurden 10000 deutsche Kinder in mehreren Kindertransportzügen
nach England gerettet,1 die später ihre Eltern nie
mehr sahen und somit keine Kenntnisse ihrer Vorfahren hatten.
Schließlich wurden alle in Baden wohnenden Juden am 22. Oktober
1940 „eingesammelt" und in 3. Klass-Waggons der alten
Reichsbahn, ausgestattet mit Holzbänken und Fenstern, in ein
Lager im französischen Gurs transportiert,2 das nahe der spanischen
Grenze liegt. Nur wenige schafften es, freizukommen; die
große Mehrheit wurde dann auf unmenschlichste Weise nach
dem KZ Auschwitz verbracht, wo sie schnell vergast wurden.

Die Nachkommen all jener badischen Juden, die entweder schon
Mitte des 18. Jahrhunderts oder danach aus wirtschaftlichen
Gründen auswanderten, jener, die wegen der Gefahren der aufkommenden
Nazi-Zeit ein neues Zuhause suchten, wie auch der
nach England transportierten Kinder hatten keine Kenntnisse
über ihre früher in Deutschland lebenden Vorfahren. Entweder
wurden Kinder von den Eltern getrennt, die dann umkamen und
so ihre Familiengeschichte nicht weitergeben konnten; oder
selbst Ausgewanderte brachten es nicht über sich, ihren Kindern
von den früheren Verhältnissen zu erzählen. Aber vielleicht war
das Interesse der Nachkommen auch gar nicht so groß, sich mit
der Vergangenheit ihrer Eltern, Großeltern etc. zu beschäftigen.


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