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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 62
(PDF, 83 MB)
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£2 Heinz G. Huber

verhaftet. Der hohe Vit verkaufte an einen Bauern eine Flinte
- als er nachts einbrechen wollte, wurde er von diesem mit seinem
eigenen Gewehr erschossen.

Sozialer Abstieg, Marginalisierung,
kriminelle Karrieren

Der „standeslose Stand" der Bettler und Gauner22 war die Folge
unterschiedlicher Entwicklungen in der frühen Neuzeit. Menschen
verloren durch Kriege und Katastrophen ihre Sesshaftig-
keit oder wurden als Söldner einer bürgerlichen Lebensweise
entfremdet. Sie wurden in den Konfessionskriegen aus religiösen
Gründen vertrieben oder verloren als Folge von Verarmungsprozessen
Heimat und Beruf. Die unzulängliche Armenfürsorge
trieb Menschen in die Bettelei, andere landeten wegen
Landesverweisen auf der Straße oder wurden aufgrund ihrer
prekären wirtschaftlichen Lage zur Mobilität als Wanderarbeiter
, Hausierer, Bettler oder Gaukler gezwungen.23 Wegen des
Bevölkerungsanstiegs reichte die agrarische Basis zur Unterhaltung
und Ernährung nicht mehr aus. Das 18. Jahrhundert war
das „Jahrhundert des großen Elends"24. Andererseits wurden
durch „Ausgrenzung und Verhärtung"25 der frühmodernen Gesellschaft
die Randgruppen marginalisiert, stigmatisiert und
schließlich kriminalisiert. Es wurde nicht mehr unterschieden
zwischen Kriminellen und Vagierenden, die sich an die Gesetze
hielten: Die vagierende Lebensweise schlechthin galt als kriminell
.26 Mit der undifferenzierten Verfolgung aller Fahrenden
gerieten auch die nomadisierenden „Zigeuner" ins Visier der
Behörden und sahen sich sogar besonderem Verfolgungsdruck
ausgesetzt.27 Es entstand ein Teufelskreis: Wer aus der Gesellschaft
ausgeschlossen war, hatte kaum eine Chance, seine Existenz
durch ehrliche Arbeit zu fristen.

Den harten, meist auch kriminellen Kern der Nichtsesshaften
bildeten „gartende Söldner", die entweder desertiert oder
nach dem Ende der Kriege entlassen worden waren. In Kriegszeiten
war nicht immer klar erkennbar, ob es sich bei den Übergriffen
um reguläre oder marodierende Soldaten handelte. Im
spanischen Erbfolgekrieg musste der Markgraf Ludwig Wilhelm
von Baden im September 1703 ein Mandat erlassen, weil ungarische
und deutsche Söldner Dörfer und Reisende erpressten
und vorgaben, in seinem Auftrag zu handeln.28 Der Ortenauer
Landvogt beschwerte sich 1712 beim Militär „über das Herumstreifen
der teutschen Husaren in der Ortenau und ihre Exzesse
". Sie ritten von Dorf zu Dorf, ohne in ihrer Route einen
einzigen Ort auszulassen. Sie erpressten von den Untertanen


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