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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 100
(PDF, 83 MB)
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100 Karl-August Lehmann

der Kinder gab es Verfehlungen: halb todt aufgefunden, Mut aus
Nase und mund gelauffenP

Eigentumsdelikte fanden vor Gericht keine Gnade, mochte
der Wert der gestohlenen Ware auch noch so geringfügig sein.
Mit Nachsicht konnten weder Dieb noch Hehler rechnen.

Die Ratsprotokolle weisen die Obrigkeit vor allem aber als
Sittenwächter und obersten Hüter der Moral aus. Dennoch
hielten selbst harte Strafen manche Harmersbacher nicht
davon ab, sich fleischlich zu vermischen oder fleischlich zu verfehlen
. Jede Frau, die sich mit einem Mann abgab, egal aus welchen
Gründen, musste sich den Vorhalt der Hurerei gefallen
lassen, auch bei Vergewaltigung. Die strengen moralischen
Maßstäbe galten allerdings für Männer und Frauen unterschiedlich
, bei entsprechenden Verfehlungen der Ratsherren
legte man zudem andere Maßstäbe an.

Keinerlei Nachsicht ließ man walten bei Übergriffen auf
Minderjährige (nicht selten verging sich der Stiefvater an seinen
Stiefkindern), Fällen von Inzest, Sodomie oder Homosexualität
. Hier war in aller Regel die Todesstrafe fällig.

Strafen

Strafen dienten in früheren Zeiten vor allem der Abschreckung,
die mitunter durch öffentliche Bloßstellung und Brandmarkung
des Täters verstärkt wurde. Am häufigsten verhängte das
Gericht Geldbußen, deren Höhe sich nach dem Vergehen richtete
. Hier reichte das Strafmaß von einem Wochenverdienst bis
zu einem Jahreseinkommen. Hatte der Delinquent Flüche oder
böse Verwünschungen ausgestoßen, verhängte der Rat zusätzlich
Kirchenstrafen. Wachs oder Öl flössen somit der Pfarrkirche
zu. Am höchsten fielen Geldbußen bei Verstößen gegen
das 6. Gebot aus.

Hin und wieder wurden dazu Gefängnisstrafen verhängt.
Sie erstreckten sich von einer Nacht bis über mehrere Tage im
Ortsarrest:... in den thurn schlupfen ... bei Wasser und Brot. Wer
des vorehelichen Geschlechtsverkehrs überführt war, büßte am
Sonntagmorgen ihme zum Spott und anderen zum Exempel öffentlich
fürgestellt worden ... (vor der Kirche)... im spanischen mantel
und Kragen, auch geigenstraf genannt. Die Verurteilten trugen
dabei eine Kerze oder Rute in der Hand, um den Hals ein Schild
mit dem Hinweis auf ihr Vergehen. Maria Feistin musste, von
einem Soldaten geschwängert, zween sonntage nacheinander mit
einer in der handt haltenden Kerze wehrenden gottesdienst hindurch
vor unserer liehfrauen altar knien und dann darauf jedesmahl in die
geigen gestellt werdten.


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