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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 101
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Recht und Rechtsprechung im ehemaligen Reichstal Harmersbach

Die öffentlich vollzogene Prügelstrafe diente demselben
Zweck. Zwanzig bis 50 Rutenschläge, je nach Vergehen, hatte
der „Stockknecht", meist in Personalunion mit dem Ratsboten,
zu verabreichen, mitunter auch in Raten: ... durch den ratsbot-
ten 6 tage nacheinander mit den ruten am hintern gefizet.

Als Strafverschärfung sprach der Rat die Aberkennung des
Bürgerrechts aus oder verwies die Verurteilten aus dem Tal oder
gar dem ganzen Schwäbischen Kreis, wobei diese Ausweisung
auf Zeit oder lebenslänglich (ad dies vitae) galt. Mitunter ächtete
der „Nachrichter" den Verurteilten mit einem Brandzeichen
.14

Zur sicheren Verwahrung bei längeren Haftstrafen übergab
die Harmersbacher Gerichtsbarkeit Straftäter nach Kehl ins
schellenwerk oder in die gränzfeste nach Ungarn. Ähnlich hart
traf es junge Männer, die nach der Verhandlung ans Militär
überstellt oder lebenslänglich auf Galeeren deportiert wurden
.15

Das Strafmaß fiel sehr willkürlich aus, je nach sozialer Stellung
. Frauen wurden für außerehelichen Geschlechtsverkehr
möglicherweise aus dem Tal gewiesen, Männer jedoch nicht.
Öffentliche Strafen konnten unterbleiben, wenn jemand sich
besonders ruchlos verhalten hatte und man angeblich so verhindern
wollte, dass das lasterhafte Verhalten überall bekannt
werden und so zur Nachahmung auffordern könnte. Die ganze
Willkür zeigt sich in einem Urteil gegen eine Frau, die einen
Mann mit einem halbmäßlein geschlagen hat. Die geringe Geldstrafe
mag angemessen gewesen sein. Der Rat verhängte gleichzeitig
eine weitere Geldstrafe: der beckh aber, weilen er sich von
Ihm schlagen lassen und sich nicht gewehret.

Je nach Vergehen sprach das Gericht Auflagen aus: Ausgangs
- oder Alkoholverbot, Abbitte oder Entschuldigung, Schadensersatz
oder Schmerzensgeld, Erstattung von Arztrechnungen
oder gar Unterhaltszahlungen.

Todesstrafe

Für die Harmersbacher Halsgerichtsbarkeit stand als weithin
sichtbares Zeichen der Galgen nahe der Grenze zwischen dem
Kirchspiel Harmersbach und Zell a. H.16 Hierher traten die
armen Sünder ihren letzten Gang an, bewacht von Harmersbacher
Bürgern oder Kontingentsoldaten, getröstet vom Pfarrer
und begafft vom schaulustigen Volk.

In Überlieferungen führte das Reichstal immer wieder die
Formulierung aigen stockh und galgen17 an, als Beleg dafür, dass
es alle körperlichen Strafen verhängen durfte.


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