Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 165
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„Mich verfolgt das ein Leben lang" 1 ^ C

Franzosen, Willi Stauch, mit drei bewaffneten Soldaten saß.
Frau Goldmann sagte später aus: „Stauch ließ die Soldaten mit
dem Gewehrkolben auf meinen Mann einschlagen. Dann
stellte er die vier Fragen: Ob mein Mann in der Partei gewesen
sei, ob sich mein Mann als Arzt ausgegeben hätte, mein Mann
solle sagen, dass er kein Jude sei, und ob mein Mann ein Deutscher
oder Franzose sei. Mein Mann gab zur Antwort, dass er
noch nie in der Partei gewesen sei, er sei kein Arzt, sondern ein
Krankenpfleger. Er sei ein Jude, was seine Angehörigen bezeugen
können und er sei ein Deutscher und kein Franzose. Ich
habe dann gehört, dass mein Mann von den Soldaten geschlagen
worden ist. Mein Mann kam dann in die Küche und ich
sah, dass er aus Mund und Nase blutet. Stauch rief mich ebenfalls
in die Küche und hat mir befohlen, dass ich meinen Mann
abwaschen solle. Er stellte mir die gleichen vier Fragen, vor
Aufregung war ich nicht in der Lage, meinen Mann abzuwaschen
und die Fragen zu beantworten. Darauf rief Stauch
meine Mutter herein, die erklärte, dass mein Mann die volle
Wahrheit gesagt hätte. Er sei jüdischer Abstammung, seine
Mutter sei auch Jüdin gewesen und wir würden auch nicht
wissen, wohin sie während des Krieges gekommen sei. Der Geländewagen
wurde dann auf der gegenüberliegenden Straßenseite
aufgestellt und mein Mann musste mit erhobenen Händen
zum Wagen gehen und einsteigen.

Wie ich später erfuhr, ist der Wagen mit meinem Mann
zwischen 16 und 17 Uhr in Richtung Renchen gefahren. Gegen

18 Uhr fuhr der Geländewagen in den Hof und hat gehalten.
Dem Geländewagen entstieg der Dolmetscher Stauch mit zwei
französischen Soldaten. Er sprach mir das Beileid aus und
sagte, mein Mann hätte sich vor französischen Offizieren selbst
erschossen. Mein Vater war zugegen und erklärte, dass dies gar
nicht sein kann, da mein Mann gar keine Waffen im Besitz
hatte und Stauch sei ein Lügner.

Zwei Soldaten haben dann die Leiche meines Mannes aus
dem Wagen geholt und ihn in die Küche getragen. Gegen

19 Uhr kam der Ortskommandant Leutnant Collet in unseren
Hof und überreichte mir 85.- RM. Er sagte, wenn er gewusst
hätte, dass mein Mann ein Jude gewesen sei, wäre das nicht
passiert. Wenn ich ein Bedürfnis hätte, solle ich zur Kommandantur
kommen, wo ich die erforderliche Unterstützung erhalten
würde/'2

Frau Goldmann stellte 1953 vor einem Freiburger Gericht
Antrag auf Entschädigung, der jedoch abgelehnt wurde. Erst
im Juli 1956 fand vor dem Gericht der französischen Streitkräfte
in Paris ein Prozess gegen die Täter statt. Frau Goldmann


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