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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 189
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Der Karsamstagsmord von 1945 in Bad Rippoldsau 1 QQ

aus kein wesentlich anderes Bild des Tatherganges als in der
I. Instanz.

Die Staatsanwaltschaft beantragte, Karl Hauger zu lebenslänglich
Zuchthaus und Ehrverlust zu verurteilen. Hauger habe
aus niedrigen Beweggründen seinen Gefangenen grausam ermordet
. Wipfler habe aus kalter Gleichgültigkeit der Erschießung
des vermeintlichen Deserteurs zugestimmt. Der Anklagevertreter
führte aus: „Die fanatischen Nationalsozialisten hätten
sich damals, durch Schnaps aufgepulvert, in einer Art
Weltuntergangsstimmung befunden/' Hauger sei der „kleine,
aber ebenso gefährliche Hitler des Kreises Wolf ach gewesen".
Die Art der Erschießung durch Genickschuss habe den SD-Methoden
entsprochen. Hauger habe sich zum Richter und Henker
in einer Person gemacht.79

Die Verteidigung machte geltend, dass zur Zeit der Tat
„auch ein unbesonnenes ordentliches Gericht" eine schwere
Strafe über das Opfer verhängt hätte, und die Angeklagten tief
davon überzeugt gewesen seien, Anton Reinhardt habe wegen
Wehrkraftzersetzung den Tod verdient.80 Und immer wieder
tauchte die Argumentation mit der Rechtfertigung durch Befehl
auf.

Die Urteilsbegründung glich der in der I. Instanz, das Gericht
ging jedoch besonders auf die vom Bundesgerichtshof
angesprochenen Gesichtspunkte ein. Das Offenburger Tageblatt
berichtete wörtlich:81

„Zu der entscheidenden Frage, ob Mord oder Totschlag vorliege
, sagte der Vorsitzende, dass es nicht erwiesen sei, ob Hauger
den Burschen am Grab vor dem Genickschuss noch geschlagen
habe. Außerdem sei nicht nachzuweisen, ob die Angeklagten
erkannt hätten, dass das Ausschaufeln des Grabes
Reinhardt zusätzliche Qualen bereiten würde. Wipfler sei in
Folge seiner Kriegserlebnisse so verhärtet gewesen, dass ihm
nicht aufgegangen sei, was Reinhardt damit auferlegt wurde.
Bei Hauger dagegen sei nicht auszuschließen, dass er dieses
Verhalten als das übliche Schema angesehen und Reinhardt
daher nach dem „Modus der Einsatzkommandos" getötet habe
, ohne sich bewusst zu werden, dass er damit zusätzliche
Qualen verursachte.

Zu der Weisung des Bundesgerichtshofes, nachzuprüfen, ob
rassische oder andere, niedere Gesichtspunkte für die Hinrichtung
Reinhards maßgebend gewesen seien, sagte Landgerichtsdirektor
Dr Ernst, dass niemand in Bad Rippoldsau Reinhardt
als Zigeuner erkannt habe.82


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