Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 206
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206 ^laus Kaufmann

lium und wir sangen gemeinsam Weihnachtslieder. Ich habe
manch hartgesottenen „Knacki" hier Tränen verdrücken gesehen
. Zwischenfälle gab es dabei nie! Erst nach dieser Feier folgte
unsere eigene „Heiligabend-Bescherung".

Im Jahre 1961 hatte ich durch einen Arbeitskollegen Kontakt
zum neugegründeten Bühler Fanfarenzug. Ich wollte mich
diesem anschließen und erhielt auch probehalber eine Fanfare
zum Üben. Da das Üben in der Wohnung zu laut war, schickte
man mich in den Gefängniskeller. Nach mehreren Probeversuchen
wurde ich darauf von meinen Eltern gebeten, diese Art
von Freizeitgestaltung bitte einzustellen, da es unweigerlich zu
einer „Strafverschärfung" für die Gefangenen führen würde.
Also wechselte ich zu einer trachtentragenden Vereinigung,
dem „Bühler Menü".

An einem frühen Morgen, um die Osterzeit 1963, hörte ich
meinen Vater, der morgens nach dem Aufstehen wie gewöhnlich
zum Küchenfenster hinausgesehen hatte, über zwei vergitterte
Fenster - alle unsere Wohnungsfenster waren vergittert,
sahen wir von unserer Küche aus doch direkt auf den Gefängnishof
- rufen: „Do isch jo alles offe!". In der Tat stand das Gefängnistor
weit auf! Und nicht nur das, sondern auch die Haustüre
zum Gefängnis und im Obergeschoss die Flur-Treppenhausgittertüre
war geöffnet. Wie sich bald herausstellte, waren
zwei Gefangene ausgebrochen. Geplant hatten diese beiden, die
bereits eine Zellenwand zu einer benachbarten Toilette durchbrochen
hatten, durch einen dritten Gefangenen meinen Vater
durch den Zellenruf zu sich kommen zu lassen, um ihn dann
niederzuschlagen und die Schlüssel zu entwenden. Dieser hatte
gottlob „kalte Füße" bekommen und dies hernach nicht getan.
Dennoch gaben die beiden nicht auf. Mit einem gewöhnlichen
Kamm (!!) öffneten sie die beiden Türen im Haus. Die Schlösser
waren eben noch gediegene Schlosserkunst. Das Gefängnistor
brachen sie mittels eines Besenstiels als Hebel auf, da dieses
Schloss sich weigerte aufzuspringen. Die Aufregung war natürlich
groß. Aber die beiden konnten sich ihrer Freiheit nicht
lange erfreuen. Man hat sie wieder gefasst. Dies war solch ein
einschneidendes Erlebnis, dass ich die beiden Familiennamen
der Ausbrecher heute noch weiß.

Da ich ab Mitte 1964 zur Bundesluftwaffe als Zeitsoldat eingezogen
worden war, stand mein Zimmer ja quasi leer und
mein inzwischen 84-jähriger Großvater äußerte den Wunsch,
sich in die Obhut meiner Mutter, also seiner Tochter, zu begeben
und mein Zimmer mit zu beziehen. Und so teilten wir uns
gemeinsam mein Zimmer, eigentlich problemlos, war doch
mein Großvater Vaterersatz gewesen, bis mein Vater Anfang


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