Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 210
(PDF, 83 MB)
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Hermann Kiefer

fahren ... Stadtmitte Lorsch, und da ist das Lokal, das heißt äh
Ratsstube. Dort warten Sie auf mich!"

Frau Welsche gehorchte. Die Polizei fuhr mit. Hielt sich jedoch
im Hintergrund, um nur ja keinen Verdacht zu erregen. In
der angegebenen Gaststätte gab wieder derselbe Anrufer Helga
Welsche eine Stelle an der Bundesstraße 47 an: „Kurz davor ist
äh ein Verkehrsschild und am Verkehrsschild ist äh ein Vorfahrtsschild
. Auf der anderen Seite ist ein Busch, auf der anderen
Seite gegenüber vor dem Vorfahrtsschild. Dort werden Sie
ein Paketchen finden für Sie. Unter dem Baum äh direkt am
Verkehrsschild." Und die Drohung: „Aber wenn ich irgendwo
einen Polizisten oder sonst was sehe, ist unsere Aktion abgebrochen
!" Hoffte die Arztfrau, in dem „Paketchen" etwa ein Lebenszeichen
ihres Mannes oder weitere Angaben über die Geldübergabe
zu finden, so wurde sie enttäuscht. Es fand sich kein
Päckchen. Nichts. Die Aktion wurde abgebrochen.

Es folgten Stunden und Tage grauenvollen Wartens. Auch
die Polizei wartete. Hielt sich an die mit Presse, Rundfunk und
Fernsehen getroffenen Stillhalte-Absprache. Erst am Freitag, den
7. August wagte sie sich mit einer Vermisstenanzeige an die Öffentlichkeit
. Doch noch ohne Hinweis auf Entführung. Als auch
dieser eher verzweifelte Versuch nichts einbrachte und die Entführer
weiter schwiegen, suchte eine inzwischen gebildete Sonderkommission
am folgenden Montag das Heil in der öffentlichen
Fahndung. Vor allem die Stimme des Anrufers könnte, so
hoffte man, eine „heiße Spur" sein. Rund 11000 Flugblätter
wurden in der Region von Freiburg bis Frankfurt verteilt. Auch
eine große Fernsehfahndung sollte in ganz Deutschland die
Gemüter erregen. Weitere Hinweise erhofften sich die Ermittlungsbeamten
von einer Tonbandstimme des anonymen Anrufers
, die mitgeschnitten worden war und die Lösegeldforderung
zum Inhalt hatte. Doch unter allen zahlreichen Hinweisen blieb
nur wenig Verwertbares und sogar das Fahrzeug des Arztes blieb
zunächst verschwunden, obwohl alle nur erdenklichen Plätze
abgesucht wurden. Zwei Stunden nach einem erschütternden
Fernseh-Appell von Helga Welsche hatten dann am 11. August
die Kidnapper angerufen (so eine Veröffentlichung in der „Bild-
Zeitung"): „Ihr Mann ist tot", sagte eine Männerstimme, „wir
wollten das nicht - aber plötzlich fiel ein Schuss!"

Dann wurde am Donnerstag mit einem falschen Kennzeichen
beim Frankfurter Hauptbahnhof der Audi 80 gefunden.
Auf das Fahrzeug war ein Passant aufmerksam geworden. Im
Kofferraum lag die Leiche des 49-jährigen Arztes, auf dem Rücksitz
der Arztkoffer und ein Rezeptblock. Dr. Welsche war ermordet
worden.


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