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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 230
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O O Q Andre Gutmann unter Mitwirkung von Tobie Walther

sondern um eine etwa 200 Jahre später hergestellte Fälschung,
ausgeführt im Auftrag des Straßburger Bischofs Burkhard, der
von 1141 bis 1162 regierte.4

Der Fälschungscharakter dieser Urkunde ist der Forschung
schon seit längerer Zeit bekannt. Er ist nicht zuletzt daran erkennbar
, dass der Fälscher auf dem Pergament ein falsches
Siegel anbrachte, das dem Siegel seines aktuellen Dienstherrn,
Bischof Burkhard von Straßburg, nachempfunden wurde.
Ebenso fällt auf, dass der Text der Urkunde im formalen Bereich
mehrere Passagen enthält, die wörtlich einer echten
Urkunde Bischof Burkhards aus dem Jahr 1143 entnommen
wurden.5 Dazu bemühte sich der Fälscher, die Schrift altertümlich
aussehen zu lassen, wobei er jedoch Buchstabenformen
verwendete, die sich im 10. Jahrhundert noch gar nicht entwickelt
hatten. Schließlich gelang es durch Schriftvergleiche mit
echten Urkunden der bischöflichen Kanzlei aus der Zeit um
1140/60 auch die Person des Fälschers, den Straßburger Erz-
priester (Archidiakon) Ludwig, zu identifizieren und weitere
seiner Urkundenfälschungen ausfindig zu machen.6

Urkundenfälschungen des Mittelalters liegen in unterschiedlichen
Formen vor, wobei hier vor allem die Unterscheidung
einer Ganzfälschung von einer sogenannten „formalen"
Fälschung von Bedeutung ist. Eine Ganzfälschung beinhaltete
die Fälschung sowohl der äußeren Gestalt als auch des kompletten
Inhalts einer Urkunde und diente vorrangig dem Nachweis
von Rechten oder Besitztiteln, die der Hersteller bzw.
Auftraggeber der Fälschung zuvor nicht besessen hatte, durch
die neu geschaffene Urkunde jedoch beanspruchen wollte.
Dagegen beruht eine formale Fälschung zumindest in einzelnen
Teilen ihres Inhalts auf einer älteren, echten Vorlage,
deren Text bzw. Rechtsinhalt soweit wie gewünscht in die
Fälschung übernommen wurde, wobei häufig auch Abwandlungen
und Zusätze angebracht wurden. In manchen Fällen
kann es sich bei einer solchen Vorlage auch nur um eine
mündliche Tradition handeln. Von der äußeren Gestalt ist so
eine Urkunde eine Ganzfälschung, gleiches gilt für die Abwandlungen
und Zusätze, doch die Teile des Inhalts, die auf
der echten Vorlage beruhen, sind nur eine „formale" Fälschung
. Eine solche Fälschung erfüllte vornehmlich den
Zweck, Rechte und Besitztitel zu sichern, deren ursprüngliche
Nachweise entweder aus irgendwelchen Gründen, zum Beispiel
Kriegseinflüsse, Archivbrand, Wasserschäden, Mäusefraß
oder Verlust auf Reisen, verloren gegangen oder ursprünglich
gar nicht in urkundlicher oder überhaupt schriftlicher Form
festgehalten worden waren.


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