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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 313
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Sein Weib und Kind mit Gott und Ehren ernähren

wieder außergerichtliche Vergleiche und gütliche Einigun-

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gen.

Eine ganz besondere Art von Rechtsprechung schafft der
Rat, als er am 1. November 1703 sein Urteil zugunsten einer
Klägerin nicht mit ihrem Recht, sondern mit ihrer Armut begründet
: Er verurteilt Claus Waitz, einen Bauersmann, zu einer
Spende an Hanns Scheerens Wittib, die Hintersaßin. Sie hatte geklagt
, dass der Waitz ihrem Sohn, welcher ihme als ein Ochsenjung
gedient, noch etwas am Lohn schuldig seye. Zwar beschließt der
Rat, dass der Beklagte der Klägerin Sohn von rechts wegen nichts
mehr schuldig were, jedoch aber derselben, alß einer armen Wittib
aus Mitleiden, etwan 1 Sester Frucht (Weizen) zukommen lassen
solle.

Auch mit der Elisabetha, Michael Huebers, des Maurers und
Steinhauers seel. Wittib hat der Rat ein Mitleiden. Er gewährt ihr
1 Gulden Nachlass an den unlängst erhobenen Monatsgeldern,
auff derselben inständiges anhalten hin und in Ansehung ihres
Wittibstandes und vielen Kindern (19.4.1703).

An den Haaren herbeigezogen wirkt die Begründung „arm",
mit der Johannes Hockenjoß um nachdrückliche Auflagen des
Stadtrats herum kommen will. Wegen Verstößen gegen den
Brandschutz steht er am 24.11.1701 vor dem Gericht. Bei der
Besichtigung der Camin stellte eine Kommission fest, dass seine
am Rathauß stehende Behaußung zu voller Heu und Stroh seye,
auch die Halmen allenthalben herunter hängen und durch Unachtsamkeit
und gar Licht ein großes Unglück entstehen und das Rathauß
noth leiden könne. Der Hockenjoß will aber nicht hoffen,
dass ihm etwas (nämlich die Brandschutzmaßnahmen) zugemutet
werden könne, weilen er die im Hauß habende arme Wittfrau
umbsonst und ohne Zinß wohnen lasse. Trotz der „armen Wittfrau
" bleibt der Rat hart. Dem Hockenjoß wird zum andern
(zweiten) und dritten mal repetiert, daß er entweder 2000 fl. Cau-
tion leisten oder im Unglücksfall für Costen und Schaden haften
müsse.

„Arm" wird bisweilen auch eingesetzt als Waffe im Kampf
um soziale Gerechtigkeit, so im Oktober 1703. Die Belastungen
am Rande des Spanischen Erbfolgekrieges führten zu schweren
Konflikten zwischen den Bürgern und den Stadtoberen.
Wägen, Zugvieh und Mannschaften für Schanzarbeiten sind
nach Straßburg und Landau kommandiert. Die Schäntzer müssen
, wie einer aus Landau berichtet, bei dem anhaltenden nassen
und kalten Wetter, die maisten nicht mit Kleidern versehen, sich
unter freiem Himmel behelfen, bey solcher Beschaffenheit aber cre-
piren und verderben. Sie können in der Zeit ihres Dienstes ihren
Beruf nicht ausüben, riskieren Leib und Leben, und sie minie-


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