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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 339
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Wie der Direktor des Offenburger Gymnasiums als Hochverräter 1849 ins Zuchthaus kam

kirchlich liberalen Fortschrittspartei" wurde noch verstärkt
durch den Sieg der Opposition bei den Wahlen. Von Gagg erwartete
man aufgrund seiner Stellung allgemein eigentlich eine
konservative Parteinahme. Er unterhielt, nach eigenem Bekunden
, zwar zu den Konservativen stets eine freundschaftliche
Verbindung, fand ihre Gesellschaft aber zu langweilig und besuchte
daher eher „aus alter Gewohnheit und Neigung" beinahe
täglich die liberale Gesellschaft zur Eintracht.5

Unter dem Eintrag vom 13. März 1845 gibt nun Gagg einen
konkreten Einblick in die aktuellen Konflikte der Offenburger
Gesellschaft. Am Ostermontagabend hatten sich im Stammlokal
der Liberalen zwanzig meist liberal Gesinnte mit ihren
Freunden am sogenannten Aristokratentisch versammelt, darunter
ein Pfarrer. Man diskutierte gerade über den Heiligen
Rock zu Trier (zu dem 1844 eine aktuelle Wallfahrt ausgeschrieben
worden war; d. Verf.), als einige radikale Liberale das Spottlied
auf diese Reliquie anstimmten. Der Pfarrer, schon leicht
benebelt, sang bewusst dagegen, es entstand ein kleiner Tumult
, in den Gagg beherzt, aber vergeblich, eingriff und dann
das Lokal verließ. Als ältestes Vorstandsmitglied musste er daraufhin
bei seinen Gesinnungsgenossen einen Beschluss gegen
das Absingen solch „ungeeigneter Lieder" moderieren und
konnte dann später wieder unbehelligt seinen Aristokratenstammtisch
besuchen. Treuherzig gesteht er ein, dass er aber
lieber mit seinem „unzertrennlichen Gesellschaftsgefährten"
Dr. Schaible ins Gasthaus „Fortuna" geht, wo zwar ein steifer
Ton herrsche, aber auch ein gutes Bier zu finden sei.

Auch in den Vorkommnissen am Fasnachtsmontag des Jahres
geht es um kirchliche Positionen und das Absingen unerwünschter
Lieder: Ein als Kapuziner vermummter Handwerksbursche
verteilte in den Wirtshäusern der Stadt den Ronge'-
schen Brief, in dem der Heilige Rock als „Götzenwerk" gebrandmarkt
wurde, und schwor, von den Gendarmen dem Amtmann
vorgeführt, dann bei seiner Entlassung lauthals „dem Ultramontanismus
den Tod!" Sogar in der Kirche wurde der Ronge-
Brief zusammen mit einem Bild des Heiligen Rockes angeschlagen
. Von Amts wegen wurde das Absingen revolutionärer Lieder
in den Gasthäusern untersagt. Dazu erzählt Gagg an anderer
Stelle folgende amüsante Episode: „Ein Krawall im Wirtshaus
zum Engel. Der Wirt dieses Hauses, ein leidenschaftlicher Gegner
der Bewegungspartei, schlug einem Bauernburschen, der
das Heckerlied sang, die Hand ins Gesicht, und als hierauf die
übrigen Bauern anfingen das Haus mit Steinwürfen zu demolieren
, so schoss er mehrmals zum Fenster hinaus und verwundete
dabei einen Vorübergehenden sehr bedeutend. Der Wirt wurde


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