Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 355
(PDF, 83 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2012/0356
Wie der Direktor des Offenburger Gymnasiums als Hochverräter 1849 ins Zuchthaus kam O C C

Aus heutiger Sicht hat Gagg völlig legal und systemloyal gehandelt
. In der schicksalhaften Mitte des 19. Jahrhunderts hatte
er als Staatsdiener mit zwei Regierungen zu tun, der von Napoleon
gestifteten badischen großherzoglichen Monarchie mit
ihrer längst überholten mittelalterlichen Legitimierung durch
das dynastische Gottesgnadentum und dann, für nur wenige
Wochen, mit einer quasirepublikanischen Revolutionsregierung
, die sich von unten, durch die Volkssouveränität der Aufklärung
, legitimierte. Deren Befehlen war er im Juni mit seinem
zweimaligen Begleitschutz nachgekommen, als engagierter Bürgerwehrmann
hatte er seiner städtischen Wehrpflicht genügt,
wie es den damaligen allgemeinen Forderungen nach Volksbewaffnung
der Bürger entsprach. Sein Land hatte Gagg durch
keinerlei unrechtmäßige Handlung verraten, „Hochverrat" war
hier nur eine infame Sprachregelung militärischer Siegerjustiz,
die spezifische Form einer allgemeinen Kriminalisierung der
badischen Freiheitsrevolution durch den Sieg der Reaktion.

Gaggs Dienstenthebung und Bestrafung war nur ein Schicksal
in der glorreichen badischen Bürgerrevolution von 1848/49,
andere Mitstreiter traf es wesentlich härter, denn für Offenburg
und sein Umland war die preußische Besatzungszeit 1849-1852
besonders hart. Man bestrafte eine Stadt, die drei Jahre lang
tonangebend für die badische Freiheitsbewegung gekämpft
hatte, getragen vom Großteil einer couragierten Bürgerschaft.
Der Aufstand für die Modernisierung von Staat und Gesellschaft
im Sinne der französischen Revolutionsideen des Liberalismus
und Nationalismus und für eine moderne Zivilgesellschaft
scheiterte an den alten Mächten und konnte sein Ziel
wirklich erfolgreich erst genau 100 Jahre später 1949 mit „Einigkeit
und Recht und Freiheit" der zweiten deutschen Republik
erreichen. Insofern stand auch Gagg mit seiner „rücksichtslosen
Begeisterung für die Freiheit des Volkes" wie all die anderen
begeisterten Mitkämpfer für die Freiheit in seiner Zeit auf
tragisch verlorenem Posten.

Gagg als Lehrer in Donaueschingen und Konstanz 1850-1866

Laut seiner Dienstakten im Karlsruher Generallandesarchiv,
damals „Dienerakten" genannt, schickte Gagg nach seiner
einstweiligen Dienstentlassung am 14. Juli 1849 eine „Bitte
um gütigste Versetzung" an sein Ministerium schon am 6.
August, noch ehe er in Untersuchungshaft genommen wurde.
Es folgte die dunkle Zeit der Gefangenschaft, die Verurteilung
wegen Hochverrats Ende November, seine Entlassung gegen
Kaution Anfang Dezember, die Revisionsverhandlungen und


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2012/0356