Freiburger historische Bestände - digital

Gebhard Gagg - „Aufzeichnungen eines Offenburgers 1848/49" ^77

holte sich der bekannte Franzosenlärm. Wir hatten Versammlung
wegen Organisierung einer Bürgerwehr; mitten in der
Verhandlung erhielt unser Bürgermeister einen Brief von dem
Bürgermeister einer benachbarten Gemeinde, worin Offenburg
angegangen wurde, der Gemeinde Altenheim Hilfe zu leisten.
Alles rannte wieder nach Hause, um Waffen zu holen. Es wurde
Generalmarsch geschlagen. Truppen und bewaffnete Bürger
waren miteinander auf dem Platze, doch war es ganz anders als
tags zuvor, man war misstrauisch gegenüber der Nachricht, und
es offenbarte sich eine mehr gleichgültige Ruhe. Doch wurden
wieder Reiter ausgeschickt und Wagen in Bereitschaft gehalten
um schnell eine Kompanie Truppen zu expedieren, wenn es
nötig sein sollte.

Über die Ursache dieser falschen Gerüchte ist man noch
nicht im Reinen. Boshafte und falsche Äußerungen, vergrößert
durch Angst und Schrecken und glaublich gefunden durch offizielle
Berichte von Zügen arbeitsloser Deutscher und entlassener
französischer Arbeiter im Gefolge eines massenhaften Lumpengesindels
unserer Nachbarschaft, sowie Erinnerungen an
Szenen aus den neunziger Jahren, die vielen deutschen Rheinbewohnern
unserer Gegend noch lebhaft vor Augen sind,
mögen die Schlüssel zu diesem Rätsel geben. An eine Absicht
von gewisser Seite, um Truppen ins Land zu ziehen, finde ich
nicht Grund genug zu glauben48. Von dem Militär sind ungefähr
die Hälfte wieder abgezogen, teils nach Karlsruhe, teils dem
Rhein zu. Die übrigen kommen uns, wenigstens ihre Unteroffiziere
und Offiziere, bei der Organisation unserer Bürgerwehr,
wozu sie sehr freundschaftlich die Hand bieten, gut zustatten.
Es sind bereits vier Kompanien, zusammen über 500 Mann,
aufgestellt, die beiden ersten Kompanien führen die Leute von
18-30, die dritte 30-40, die vierte von 40 und darüber. Die Offiziere
und Unteroffiziere sind gewählt. Der gemeinste Taglöh-
ner steht neben dem Amtmann, ist das nicht Gleichheit?
Reindle49 ist unser Kapitän, also ein Radikaler kommandiert
jetzt die Amtsleute. Jetzt alle Tage zwei Stunden exerzieren.

17. -20. April. Unterdessen fand die republikanische Schilderhebung
im Seekreise (vom 17.-20. April) statt. Das Treffen bei
Kandern vom 20. April war das erste Zusammentreffen mit den
Freischaren, wobei General Gagern fiel.50

18. April. Infolge jener Schilderhebung sollte die Republik
auch in Offenburg den 18. April abends proklamiert werden,
was jedoch verhindert wurde. Man wird jedem Handstreich
kräftig begegnen. Übrigens ist die Neigung zur Republik auch
ziemlich unter die Bürger gekommen. An demselben Abend war
in Offenburg ein Krawall ausgebrochen, die Bahnzüge wurden