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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 426
(PDF, 83 MB)
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Martin Ruch

Klaiber nach dem Krieg den großen Aufwand genannt hat, der
auf die Offenburger Versteigerer nach dem 22. Oktober 1940
plötzlich zukam, so ist ein Zusammenhang wohl glaubhaft.

Unterstützend können auch Versteigerungen aus der Umgebung
genannt werden. Auch in der Nachbar Stadt Gengenbach
wurden die Inventarstücke aus den Wohnungen der dort deportierten
Juden nach Anzeigen in der Presse versteigert.

OT 11./12.1.1941 Gengenbach Fahrnisversteigerung, Gasthof
Sonne. (Eine Besichtigung vor Ort wurde ermöglicht und als
Adresse die Adolf-Hitler-Str. 4 genannt: es war das Haus der
Familie Sofie, Anna und Ludwig Valfer gewesen. Die Geschwister
waren zusammen nach Gurs deportiert worden. Ludwig
starb dort bereits am 6. Dezember 1940, die Schwestern überlebten
das Lager und blieben bis zu ihrem Lebensende in
Frankreich.)

Über das Wissen der Bevölkerung vom beschlagnahmten jüdischen
Besitz meinte später Michael Blumental, Direktor des Jüdischen
Museums Berlin, dessen Familie 1939 gerade noch
rechtzeitig Berlin verlassen konnte: „Die haben alle gewusst,
welches Unrecht den Juden geschieht/'

Und der Schriftsteller und ungarische Jude György Konrad
(geb. 1933 in Debrecen) schilderte 2012 auf Einladung der Gedenkstätte
Haus der Wannsee-Konferenz zum 70. Jahrestag
dieses Treffens, wie konkret er damals den Raub durch die
Nachbarn erfahren hatte:

„Gleich nach der Verschleppung der Juden, als die Behörden der
Unversehrtheit der verlassenen Güter kaum Beachtung schenkten
, vergriff sich das Volk, das gottgefällige Volk, daran. Das in
einer Weise, dass ich im folgenden Jahre, im Februar 1945, in
unserem Haus nur Müll vorfand, eine randvoll mit ausgetrockneten
Fäkalien gefüllte Badewanne und einen schweren Schrank,
der den Leuten zu schwer gewesen sein muss, um ihn wegzuschleppen
. Von hier und da war in Erfahrung zu bringen, wer
was weggeschleppt hatte. Ich erfuhr, wo der große Ohrensessel, in
dem ich gern gesessen und gelesen hatte, abgeblieben war und
bat darum, ihn zurückzugeben. Lustlos zwar, aber sie trennten
sich von ihm, und ich transportierte meine Beute in einem Handwagen
nach Hause. Genugtuung empfand ich deshalb keine.
Doch da jener Sessel in seinem Nachleben für meinen Sohn und
auch meine Enkelkinder zu einem stillen Winkel geworden ist, in
dem sie ihrer Leselust frönen, sehe ich mir die Rückeroberung der
Beute nach.//S


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