Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 465
(PDF, 83 MB)
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Neue Literatur

hinein, aber überwiegend sind es lokale Ereignisse
, welche die Aufmerksamkeit des Schreibers
erregten. Und da es die Zeit der beginnenden
reformatorischen Gedankenwelt war, die
Zeit des Aufstandes von Bürgern und Bauern
gegen Despoten, aber auch die Zeit des Aufbruchs
von bürgerlichem Handel und Wandel,
kann aus dieser Schilderung reiche Kenntnis
über eine ganze Epoche gewonnen werden.
Auch über die Grausamkeit der Zivilisation
wird man unterrichtet, wenn es um die Schilderung
von Strafen geht. Gelegentlich mag
man tatsächlich wie der Zeitzeuge Philippe
eine Zeitlang kein Fleisch mehr essen, wenn
man gelesen hat, wie ein Todesurteil quälend
langsam vollstreckt wurde. Die Aufzeichnungen
ergänzen die große vierbändige Stadtchronik
, die Philippe de Vigneulles über die Geschichte
seiner Heimatstadt verfasst hat und
die ihm bis heute ein ehrendes Gedenken in
Metz sichert. Vielleicht kann die Übersetzung
des Journals dazu anregen, auch andere Lebensbeschreibungen
zu übersetzen, die in den
Archiven noch schlummern, etwa die Vita der
seligen Gertrud von Ortenberg über ihr Leben
in den Reichsstädten Offenburg und Straßburg
im 14. Jahrhundert? Martin Ruch

Nachama, Andreas, und Hesse, Klaus (Hrsg.):
Vor aller Augen. Die Deportation der Juden
und die Versteigerung ihres Eigentums. Fotografien
aus Lörrach, 1940 (= Topographie des
Terrors. Notizen. Band 1) Berlin 2011, 104 S.,
mit Abb.

42 Fotografien der Deportation von Juden in
Lörrach am 22. Oktober 1940 sowie der Versteigerung
von Hausrat in ihren Wohnungen
hat das Stadtarchiv Lörrach zusammen mit
der Stiftung Topographie des Terrors in einer
erschütternden Ausstellung zusammengetragen
. Eine Broschüre mit ergänzenden Texten
dient als kommentierender Katalog zu dieser
Präsentation des lokalen Geschehens. Die visuelle
Dokumentation belegt organisatorische
Details wie die Sammlung und den Transport
der Opfer, geschehen in aller Öffentlichkeit,
wie es auch bei der anschließenden Versteigerung
jüdischen Hausrats der Fall war. Hier

herrschte sichtlich Publikumsandrang. Eine
erwartungsvolle Menge stellte sich ein vor den
Häusern der deportierten Nachbarn nach der
zuvor geschehenen öffentlichen Ankündigung
in der Tagespresse und zeigte durch ihre
aktive Beteiligung an den Auktionen eine
große Gleichgültigkeit gegenüber den jüdischen
Mitbürgern. Auch in der Ortenau fanden
solche Versteigerungen nach dem 22. Oktober
1940 statt. Doch hier steht eine gründliche
Recherche zum Geschehen noch aus, was
der Fachgruppe „Jüdische Geschichte" zur
Aufgabe werden sollte. Martin Ruch

Boehncke, Heiner, und Sarkowicz, Hans:
Grimmelshausen. Leben und Schreiben. Vom
Musketier zum Weltautor. Frankfurt 2011, 500
S., mit Abb.

Über Grimmelshausen ist alles gesagt und
nichts Neues mehr zu entdecken? Dieses
Buch, das sinnigerweise in der „anderen Bibliothek
" erschienen ist, hält erfolgreich dagegen
. Man kann aus ihm durchaus neue Einblicke
gewinnen, wenn auch die angekündigten
„aufsehenerregenden neuen Funde" nicht gar
so unbekannt daherkommen. Das Wichtigste
aber: es ist eine ausnehmend gutgeschriebene,
unterhaltsame Biographie über den Bäckersohn
und Weltautor geworden, die auch die
Kenner, etwa in der Grimmelshausengesellschaft
, gerne zur Hand nehmen werden. Das
Buch ist sauber recherchiert, die Literatur,
etwa die Beiträge in den „Simpliciana", sind
aufmerksam verarbeitet worden. Interessante
Bilder und Grafiken, beispielsweise zum
Thema der verkehrten Welt, untermauern
schlüssig die Interpretationen. Und schließlich
wird auch nicht verschwiegen, „dass ohne
die Arbeiten von Dieter Breuer zu Grimmelshausen
dieses Buch nicht hätte geschrieben
werden können" (S. 450). Dass das Lektorat
einen „Mümmelsee" durchgehen ließ (S. 352),
ist, zugegeben, ein kleinlicher Hinweis -
gleichwohl ein heiterer Moment in einer
immer spannend geschriebenen Lebensgeschichte
, für die man Autoren und Verlag Respekt
und Anerkennung nicht versagen wird.
Lesen Sie wohl! Martin Ruch


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