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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 551
(PDF, 83 MB)
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Berichte der Fachgruppen C C1

Weitere Forschungen werden vielleicht klären können, ob dieser Kalo-
nymos ben Jehuda auch eben derjenige ist, der am 17. November 1301
im süddeutschen Renchen zu Tode gefoltert wurde, nachdem er zusammen
mit drei anderen Juden des Mordes an einem christlichen Kind
beschuldigt worden war. (siehe Hoogewoud, F.J., in: Kalonymos. Beiträge
zur deutsch-jüdischen Geschichte aus dem Salomon Ludwig Steinheim
- Institut für deutsch jüdische Geschichte an der Gerhard - Mer-
cator - Universität Duisburg, 3. Jg. 2000, H 3, S.12f.)

Der Straßburger Bischof Johann IV. (1569-1592) begegnete den
Juden - mehr als sein Vorgänger - mit großer Toleranz, die er unter
anderem damit begründete, dass es Christen gebe, die mehr Schaden als
Juden anrichten würden. Angesichts dieser Einstellung des Landesherrn
im Amt Oberkirch nimmt es nicht wunder, dass Bischof Johann IV. im
Sommer 1578 einem Juden namens Liebmann erlaubte, sich in Renchen
niederzulassen. Dies löste einen Proteststurm bei der Bevölkerung aus,
die der Tradition gemäß den Juden aus wirtschaftlichen und religiösen
Gründen ablehnend gegenüberstand. Im September 1578 kamen die
Schultheißen, Vögte und Zwölferräte des Amts Oberkirch in Oberkirch
zusammen und verfassten dort ein Schreiben an Bischof Johann IV., in
dem sie ihn „von hertzen unnd in aller underthennigkeit gantz inniglich
bitten", den in Renchen wohnhaften Juden Liebmann und alle
anderen Juden „deß landts zu verjagen". Die Repräsentanten der sechs
Gerichte des Amts Oberkirch begründeten ihre Bitte damit, „daß wo
Judenn wohnen, dieb und schelmen pflanzten, die die leuthe berauben,
thöden und verderbenn, dweill sie iren raub bei den juden vertreiben".
Ihre ablehnende Haltung gegenüber Juden rechtfertigten die Briefschreiber
außerdem mit dem Hinweis, dass der besagte Jude Liebmann
kurze Zeit nach seinem Umzug nach Renchen „gelt umb zinß gelü-
henn" habe. Mit letzterem wurde Bezug genommen auf das seit dem
Hochmittelalter bestehende Zinsverbot für Christen.

Leider ist die Reaktion Bischof Johanns IV. auf das Bittgesuch der
Repräsentanten des Amts Oberkirch nicht überliefert, sodass wir nicht
wissen, ob der Jude Liebmann weiterhin in Renchen wohnen durfte.

Renchen war, das sei noch angefügt, auch im 17. und 18. Jahrhundert
hin und wieder Wohnort für Juden gewesen. Ein diesbezüglicher
Beleg datiert vom Jahre 1712. Am 15. Januar jenes Jahres gestattete die
bischöfliche Regierung in Zabern einem Juden namens Daniel, seinen
Wohnort von Renchen nach Oberkirch zu verlegen.

Bald danach, genauer gesagt im Jahre 1716, schürte man in den bi-
schöflich-straßburgischen Ämtern Oberkirch und Ettenheim erneut den
Judenhass. Beispielsweise beklagten sich die Bewohner Renchens, Ulms
und Waldulms in den um 1750 entstandenen „Gravamina" darüber,
dass man den Juden „viel Recht und Vorzug gegen denen Unterthanen
gestatte" und man dadurch den Untertanen manchmal Schaden zufüge.
Man erreichte schließlich, dass der Landesherr den Juden den Aufenthalt
im Amt Oberkirch untersagte. Infolgedessen konnte der letzte bi-
schöflich-straßburgische Landvogt des Amts Oberkirch, Freiherr von
Lasollaye, im Jahre 1802 feststellen: „Die durch ihren Wucherhandel
überall schädlichen Juden werden im Lande nicht geduldet." (nach:


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