Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
95. Jahresband.2015
Seite: 13
(PDF, 94 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2015/0014
Canidia, ein groteskes Hexengedicht aus der Antike
in der Offenburger Humanistenbibliothek

Manfred Merker

13

Der römische Satirendichter Horaz, ein Hexenversteher

Aus der Zeit des Augustus hat uns der römische Dichter Horaz
ein amüsantes, leicht obszönes Hexengedicht überliefert, das ein
mitternächtlich makabres Streiflicht auf das Hexenunwesen des
ersten vorchristlichen Jahrhunderts wirft. In Rom hatte zwar
schon das Zwölftafelgesetz aus dem Jahr 450 vor Christus die
Todesstrafe verhängt für jeden, der Feldfrüchte durch Besprechen
verhexte („qui fruges incantassit") oder Getreide vom
Nachbaracker auf das eigene Feld herüberzauberte. Auf Grabsteinen
klagten damals die Angehörigen, dass ihr Verstorbener
„durch Zaubersprüche gebannt" sein Leben lassen musste. Auch
400 Jahre später berichtet der Historiker Sallust vom Wirken des
Schadenzaubers seiner Zeit, der große Redner und Politiker Cicero
entwirft sogar Staatsgesetze gegen nächtliche Geheimopfer
von Frauen. Horaz wandte sich in seinen Dichtungen mehrfach
leidenschaftlich diesen dunklen Sphären zu, besonders in dem
hier vorgestellten derben Spottgedicht auf ein nächtliches Hexentreiben
in Rom. Es ist enthalten in der prächtigen Horazaus-
gabe der Satiren, Epoden, Oden und Briefe in der Historischen
Bibliothek der Stadt Offenburg. Sie wurde 1503 in Paris von Dionysius
Roce in folio gedruckt und von Jodocus Badius, einem
humanistischen Gelehrten dieser Zeit, ausführlich kommentiert
. Registriert unter der Nummer F-351-l/2= rarum zählt diese
seltene Buchausgabe mit der angehängten Inkunabel „Historia
Alexandri Magni" von Georg Husner, Straßburg 1494, zu den
Raritäten der Bibliothek, die uns von dem Konvent der Offenburger
Franziskaner hinterlassen wurden.

Dieser Abdruck der achten Satire weist sowohl im Text als
auch im Kommentar zu Beginn eine kleine Besonderheit auf.
Anstelle des großen Anfangsbuchstabens „O" steht hier lediglich
ein kleiner Kreis in der Mitte eines sonst weißen Feldes mit
den Abmessungen von drei Zeilen. Sehr wahrscheinlich steht er
als Platzhalter für die beim Druck offenbar vergessene Ausmalung
mit einer kunstvollen Initiale. Nach unserer achten Satire
folgt jetzt übrigens als neuntes Gedicht des Satirenbuches die
berühmte Schwätzersatire mit der Einleitung „ibam forte via
sacra" (ich ging zufällig auf der Heiligen Straße spazieren). Hier


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2015/0014