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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
95. Jahresband.2015
Seite: 537
(PDF, 94 MB)
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_ 537

Forum

Richtigstellung eines Beitrags im 75. Jahresband
der Ortenau 1995:

Gab es eine „Straßburger Konferenz"?

Seit Jahren überfällig ist eine Korrektur in meinem Text „Wenn die
Gauleitung ihre Teppiche in den Bunker tragen läßt, kommen Flieger",
soweit er angebliche Vorgänge in Straßburg im August 1944 betrifft.

Denn die Angaben zu der „Straßburger Konferenz", die am 10. August
im Hotel „Maison Rouge" stattgefunden haben soll, sind komplett
erfunden. Damit entfällt der vierte Absatz auf der ersten Seite meines
Beitrags (Seite 477). Wenn dann auf der letzten Seite (505) die Ortenauer
Zeitung vom 16. November 1945 zitiert wird, so ist das Teil der Legende,
deren Entstehung der Historiker Dr. Heinz Schneppen bereits 2007 in
seinem Buch „Odessa und das Vierte Reich" ausführlich und überzeugend
dargestellt hat. Es erschien im Metropol Verlag und behandelt die
Entstehungsgeschichte des Mythos im Kapitel „Die Geheimkonferenz
von Straßburg" auf den Seiten 71 bis 91. Wesentlich mitgewirkt an der
Erfindung hat Simon Wiesenthal, „er hat sie mitgestaltet".

Schneppen zählt alle Beteiligten auf und zeigt sogar das Dokument
des US-Geheimdienstes vom 17. November 1944, das die Teilnehmer
der angeblichen Konferenz nennt. Leiter der Konferenz war demnach
Dr. Scheid, er sei SS-Obergruppenführer und Direktor einer Firma. Das
Dokument wurde von Henry Morgenthau Jr. auszugsweise in seinem
Buch „Germany is our Problem" veröffentlicht. Es erschien 1945 in
Washington und dürfte die Grundlage jenes Artikels aus der Ortenauer
Zeitung vom 16. November 1945 sein, aus dem ich zitierte.

Heinz Schneppen hat in dem Buch auch die Entstehung des Mythos
„Die Akte Odessa" ausführlich beschrieben und nachgewiesen, dass es
diese angeblich Hilfs-„Organisation der ehemaligen SS-Angehörigen"
nie gegeben hat. Auch an diesem Mythos war Simon Wiesenthal maßgeblich
beteiligt. Als dann 2010 die deutsche Ausgabe seiner Biografie
erschien, verfasst von dem israelischen Historiker Tom Segev, würdigte
Schneppen dieses Werk in einem Beitrag für die Zeitschrift für Geschichtswissenschaft
(59. Jahrgang 2011, Heft 2). Er nannte Wiesenthals
dubiose Informanten und erwähnte auch hier wieder die erfundene
„Straßburger Konferenz".

Geschichte als Krimi - es ist sehr unterhaltsam, die Erfindung von
Mythen der Zeitgeschichte nachzuverfolgen. Gerade auch solcher,
denen man selber aufgesessen ist.

Frank Flechtmann


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