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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1982-2_3/0006
Wilhelm Oesterle in seiner Zeit

Zur ständigen Ausstellung in Kenzingen

In der Ausstellung zur Geschichte der Stadt Kenzingen wurde zu Beginn des Jahres die geplante
Ausstellung mit Werken des Maler-Radierers Wilhelm Oesterle eingerichtet. Leihgeber der
Zeichnungen, Aquarelle und Grafiken ist der Freundeskreis Wilhelm Oesterle. Mit dieser kleinen
Präsentation, deren Erweiterung nicht ausgeschlossen ist, soll der aus Wagenstadt stammende
und in Kenzingen seine elementare Handwerkslehre absolvierende Künstler der Öffentlichkeit
vorgestellt werden.

Das geistige und soziale Umfeld

Wie alle Künstler ist auch Wilhelm Oesterle ein Kind seiner Zeit und von ihr nachhaltig
geprägt. Seine Entfaltung fällt in eine Epoche in der die Kunst des späten 19. Jahrhunderts
in eine Krise geriet. 1892 hatte der Verein Berliner Künstler, dem später auch
Oesterle angehörte, den Norweger Eduard Münch zu einer Ausstellung eingeladen, die
ein Skandal auslöste. Die erzwungene Schließung hatte Signalwirkung gegen die Dominanz
der offiziellen bürgerlichen Salon- und Historienmalerei. Die Ablehnung eines
Ausstellungsexponates von Walter Leistikow war der konkrete Anlaß zur Gründung der
Berliner Secession. Max Liebermann wurde zum Präsidenten gewählt. Dieser Künstlerpersönlichkeit
, für alles Neue aufgeschlossen, war es zu danken, daß das Berliner Publikum
die moderne französische Malerei zu sehen bekam. Das kaiserliche Zivilkabinett
erließ deshalb ein Verbot, das allen öffentlichen Institutionen untersagte Werke der
Naturalisten oder Impressionisten zu erwerben oder auszustellen. Die privaten Galeristen
ließen sich aber nicht einschüchtern. 1901 kam es zur ersten Cezanne-Ausstellung;
Cassirer zeigte auch Bilder van Gogh's. Zehn Jahre später machten die Künstlergemeinschaften
„Blauer Reiter" und „Brücke" von sich Reden. Aufsehen erregte auf der
Großen Berliner Kunstausstellung 1898 der Grafik-Zyklus „Ein Weberaufstand" von
Käthe Kollwitz. Für Kaiser Wilhelm war dies nur Rinnsteinkunst.

Diese Umwälzungen in der Kunstwelt waren von sozialen und gesellschaftspolitischen
Spannungen flankiert. Karl Liebknecht forderte die Anwendung des politischen Massenstreiks
als Kampfmittel der Arbeiter. Es kam auch schon zu schweren Auseinandersetzungen
zwischen Arbeitern und der Polizei. Die Mitgliederzahl der sozialistischen
Gewerkschaften waren weit über die Millionengrenze gestiegen.
1912 wurde die Sozialdemokratische Partei stärkste Fraktion im Deutschen Reichstag.
Die sozialen Probleme des kleinen Mannes konnten nicht mehr verdrängt werden. Dies
war in groben Zügen die Situation in der der junge Oesterle die aus allen Nähten platzende
Millionenstadt betrat.

Lehrjahre und erste Erfolge

Im Oktober 1897 kam der Einundzwanzigjährige erstmals nach Berlin um die IL Handwerkerschule
und die von Karl Liebknecht gegründete Arbeiterbildungsschule zu besuchen
. Oesterle hatte sich nicht wie viele seiner Kollegen auf einer Akademie bilden können
. Er ist wie die mittelalterlichen Meister aus dem Handwerk hervorgegangen. Die
Rückkehr nach fünf Jahren in seine badische Heimat, an die Großherzogliche Kunstgewerbeschule
in Karlsruhe, erfolgte aus Gründen eines gewährten Stipendiums. 1905
erfolgte die endgültige Übersiedlung nach Charlottenburg. Voll großer Hoffnungen und

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