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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1982-2_4/0030
katholischen deutschen Nationalkirche ein. Freiherr von Wessenberg, damaliger Generalvikar
der Diözese Konstanz, ein Vertrauter des Freiburger Politikers, verteidigte auf
dem Wiener Kongreß den deutschen Episkopat gegen die »ungebührlichen Ansprüche
der römischen Curie«. Daß solche Absichten ihm die Gegnerschaft der Herrschenden
eintrugen, versteht sich von selbst.

Rotteck, ein universell gebildeter Mensch, fühlte sich auch zum Schreiben gedrängt. Im
Verlag Herder veröffentlichte er 1812 den ersten Band seiner »Allgemeinen Geschichte
von Anfang der historischen Kenntnis bis auf unsere Zeiten«. Es folgte ein »Lehrbuch
der Staatswissenschaften und des Vernunftsrechtes.« Das von ihm und Karl Theodor
Welker herausgegebene »Staatslexikon« (1834) hat seine Zeit überlebt. Die liberale Zeitung
»Der Freisinnige«, bei der Rotteck als Mitherausgeber zeichnete, wurde verboten
und führte zum Verlust seiner Professur.

Zu Rottecks Freundeskreis zählte auch sein Schulkamerad Joseph Lang, Stadtschreiber
von Waldkirch und späterer Lehrer an der Hochschule in Charkow. Auch der Lahrer
Oberamtmann Freiherr Ludwig von Liebenstein war ein begeisterter Anhänger der Ideen
von Karl von Rotteck. Liebenstein vertrat den Wahlbezirk Emmendingen in der 2. Badischen
Kammer.

Die Flugschrift von 1816 hat für unsere Zeit geradezu neue Aktualität.
Rotteck polemisiert gegen die Aufrechterhaltung stehender Heere. Seiner Meinung verstoße
es gegen Recht und Vernunft, in Friedenszeiten den Bürger zum Soldatendienst zu
zwingen. Auch der Todesstrafe stand er mit großen Vorbehalten gegenüber. Ausgesprochene
Sympathie nötigt uns Rottecks Toast ab, den er auf dem Badenweiler Fest
Pfingsten 1832, anstelle einer verbotenen Rede von sich gab: »Ich will die Einheit nicht
anders als mit Freiheit, und ich will lieber Freiheit ohne Einheit, als Einheit ohne Freiheit
.« Dies war sein unmißverständliches Bekenntnis zur Frage der deutschen Einheit,
dem wir auch heute noch vorbehaltlos zustimmen können.

»Der Schmerz über die verlorene Lage des Vaterlandes« galt nicht so sehr der unheilvollen
Zersplitterung der deutschen Kleinstaaten als der bürgerlichen Unfreiheit, obwohl
Golo Mann die damalige Reformarbeit in Baden mit Respekt in seiner Geschichte des
19./20. Jahrhunderts erwähnt.

Anerkennung und Erfüllung

Rotteck war aber nicht nur ein Gelehrter, er war auch populär bei der Landbevölkerung.
Von all jenen, die in den Amtsstuben kein Gehör fanden, ging die Redewendung aus:
»Dann geh'n wir eben zum Rotteck«. Die Freiburger wählten 1832 gar den suspendierten
Professor demonstrativ zum Bürgermeister der Stadt. Die Bestätigung der Regierung
bleib allerdings aus.

Hermann Kopf, der hochbetagte Freiburger Politiker, Sohn des früheren Präsidenten
der 2. Kammer der badischen Landstände, nennt Rotteck ein Epigone der Aufklärung.
Es waren die Schriften Montesquieus, Voltaires, besonders Rousseaus, die ihn anregten.
Lichtenberg, Lessing, Herder sind seine literarischen Götter. Er glaubte an die Vernunft
Kants. Aber schon Pascal wußte, daß die Vernunft biegsam ist nach allen Seiten. Daß
ihm Goethe fremd blieb, verstehen wir. Für ihn war er ein »Fürstenknecht«.
Diese Einstellung verschloß ihm den Zugang zu dessen Werken. Hier wird die geistige Begrenzung
des aufgeklärten Liberalen deutlich.

Der Wunsch des streitbaren Politikers war schon immer, der 2. Kammer anzugehören.
Nach dem Regierungsantritt Großherzog Leopolds ging er in Erfüllung. Damit ließ sich
auch ein Teil der politischen Forderungen, für die sich Rotteck so leidenschaftlich einsetzte
, verwirklichen.

Seine Rückreise im Jahre 1832.von Karlsruhe nach Freiburg glich einem Triumphzug.
Überall wurde er geehrt und mit Huldigungen bedacht.

Ganz besonders in Kenzingen. Die Bürgerschaft hatte ihn zum Abgeordneten des Landkreises
Kenzingen gewählt. Unsere mutigen Vorfahren hatten mit diesem Entschluß eine

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