Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
7. und 8. Jahrgang.1987/1988
Seite: 100
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Das Ende der Burg Lichteneck

Es ist kaum anzunehmen, daß zwischen den Ereignissen des 30jährigen Krieges und dem
Jahr des Unterganges der Burg 1675, größere Aus- oder Neubauten auf der stark geschädigten
Burg unternommen wurden. Es kommt hinzu, daß als letzte Tübingen-
Lichteneckerin im Besitz Lichtenecks Gräfin Anastasia 1657, wahrscheinlich in Straßburg
gestorben ist und kaum mehr etwas für die bis 1648 verwüstete Anlage hat tun können.
Durch ihre einzige Tochter, Elisabeth Bernhardina, kam die mit 49.500 Gulden verschuldete
Herrschaft an Graf Karl von Salm-Neuburg, der sie aber am 24. November 1660 glücklich
für 75.000 Gulden an den Freiherrn Johann Heinrich von Garnier verkaufen konnte.
Auch in dieser Situation scheint ein aufwendiger Ausbau nahezu ausgeschlossen. Man
wird sich auf Instandsetzungen und nötigste Bauerhaltung beschränkt haben. Merian (Elsaß
(2. Aufl. 1663)) gibt den Zustand nach 1650 so wieder, daß das Schloß »noch stehet«
und daß seit 1650 nach vorliegenden Berichten wieder ein »Tübingischer Amptmann zu
Liechteneck« sei.

Seit dem Devolutionskrieg (1667/68) vermehrte Ludwig XIV. das französische Königreich
durch gezielte Angriffskriege, und mit dem Holländischen Krieg gegen das Reich (1672 -
1679) wurde auch der Breisgau wieder herausragender Kriegsschauplatz. Da sich an der
politisch-rechtlichen Situation Lichtenecks unter österreichischer Landeshoheit nichts mit
dem Besitzerwechsel geändert hatte, wurde die Burg wiederum Stützpunkt kaiserlicher
Truppen gegen Breisach wie in den 30er Jahren desselben Jahrhunderts.
Mit Vorstößen, Plünderungen und Rückzügen verliefen die Kriegshandlungen wie immer,
der Burgamtmann wird alle Hände voll zu tun gehabt haben, um nur den schlimmsten
Schaden zu begrenzen. Nach den Quellen lagen 1675 rund 50 Mann kaiserlicher Truppen
auf Lichteneck. Mögliche Festungswerke müssen also noch in verteidigungsfähigem Zustand
gewesen sein, wofür auch spricht, daß Lichteneck mehrfach im Zusammenhang mit
der Festung Hochburg und ihrer kaiserlichen Besatzung genannt wird.
Auf kaiserlicher Seite operierten unter der eigentlichen Verantwortung des späteren Tür-
kenbesiegers, des Herzogs Karl V. von Lothringen - ob er wohl von den Versuchen seiner
Vorfahren gewußt haben mag, mit dem Freiburgischen Lichteneck zu kooperieren? - mehrere
kaiserliche Truppenführer mit unterschiedlichem Erfolg. Im Breisgau vertrat besonders
Generalwachtmeister Schütz von Purschnitz das Reich, der, 77 Jahre alt, am 17. November
1677 ohne große Gegenwehr in Freiburg vor den Franzosen kapitulierte.
Deuten wir die vorliegenden Quellen zum Untergang Lichtenecks, so gewinnen wir den
Eindruck großer Verwirrung in der kaiserlichen Kriegsführung; unsinnige Truppenzersplitterungen
, unklare Kommandostrukturen und generell konzeptionslose Kampftätigkeit
bestimmen das Bild. Man wußte offenbar nie recht, ob man nun am Hochrhein, im
Schwarzwald, im Elsaß, in der Freigrafschaft Burgund oder im Breisgau kämpfen sollte
- die einzelnen Truppenführer wie der Herzog von Braunschweig-Lüneburg und andere
schienen eher auf eigene Faust zu operieren als nach den Regeln der zeitgenössischen
Kriegskunst oder der erforderlichen Strategie.

Im folgenden stützen wir uns auf Briefe und Exzerpte von Briefen im österreichischen
Kriegsarchiv zum 18., 22. und 25. April 1675, die W. Müller aus Hecklingen benutzt und
paraphrasiert hat (Bestand «Alte Feldakten«, Kasten 183, Faszikel IV, April 1675, der Folg.
1 - 198).

Ein Brief aus Ravensburg vom 18. April 1675 an Kaiser und Hofkriegsrat vermerkt, der
Generalwachtmeister Schütz habe berichtet, »daß Vaubrun (alle Quellen nennen Vaubrun;
danach ist es unwahrscheinlich, daß der berühmteste französische Festungsarchitekt und
Planer der Festung Freiburg seit 1677, Vauban, die relativ periphere Aktion gegen Lichteneck
geleitet hat) aus Breysach mit 4 ad 5000 Mann übergangen, sich zu Liechtenegg postiert
(und) solches den 15. Mittags angefangen habe zu beschießen«. Schütz befürchtete, daß
der Feind weiterhin gegen die Hochburg ziehen und endlich über den Schwarzwald Herr
werden würde, um schließlich die Logistik von Villingen zu zerstören. Das »geschloß«

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