Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
7. und 8. Jahrgang.1987/1988
Seite: 218
(PDF, 52 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1988-7-8/0220
Der stille Heilige

Es ist still hier auf der Großmatt in Mecklingen
, nahe der Elz, am Waldrand. Zwar
dringen noch einige Geräusche von der
Bundesstraße und von der Bahn herüber,
aber sie stören nicht. Alles an dieser Stille
lädt ein zum Verweilen, zum Meditieren -
man kann hier zur Ruhe kommen. Es fehlt
eigentlich nur noch eine Bank zum Sitzen.

Der herumschweifende Blick fängt sich
immer mehr bei der Statue. Man muß ihr
in die Augen schauen, lange. Das Bildnis,
die Gestalt beginnt zu sprechen:

»Du kennst mich! Erinnere dich! Zumindest
im Religionsunterricht hast du von
mir gehört. Oft bist du meinem Bildnis
schon begegnet. An und auf vielen Brük-
ken in Österreich und in Deutschland
steht eine Statue von mir, dem »Brückenheiligen
«. Viele Statuen sind Nachbildungen
des auf der Karlsbrücke in Prag aufgestellten
Standbildes. So erkennst du mich
leicht: in der langen priesterlichen Soutane
mit Chorrock, dem Birett auf dem Haupt. Meist ist mir das Kreuz in die Hand gegeben
wie hier oder eine Palme, das Siegeszeichen der Märtyrer. Manchmal ist mir der Zeigefinger
auf den Mund gelegt. Jetzt weißt du auch meinen Namen: Johannes Nepomuk«.

Ursprünglich hieß er Johannes Welflin. Er wurde um 1345 in Pomuk bei Pilsen geboren.
Bei den Zisterziensern im Kloster erhielt er eine erste Ausbildung, dann studierte er in Prag
und Padua, damals berühmten Universitäten. Nach seiner Priesterweihe war er Pfarrer in
St. Gallus in Prag und Seelsorger der deutschen Kaufleute in Neustadt. Als Doktor der
Theologie und Rechtswissenschaften wurde er schnell bekannt; aber nicht nur seine Rednerkunst
und Gelehrsamkeit, auch seine Sanftmut und Bescheidenheit haben ihn berühmt
gemacht. So wundert es nicht, daß er 1389 Domherr und Generalvikar des Prager Erzbi-
schofs wurde. König Wenzel soll zunächst ein gutmütiger Herrscher gewesen sein; sein
Charakter aber wandelte sich im Laufe seiner Regierungszeit, er wurde jähzornig und rachsüchtig
. Das Verhältnis zur Kirche verschlechterte sich zusehends.

Johannes, dem der König viele Auszeichnungen und Würden anbot, lehnte dies alles ab.
Lediglich das Amt des Beichtvaters der Königin soll er angenommen haben. Vielleicht liegt
hier der Grund, warum er sich den Haß des Königs zugezogen hat. Die Legende erzählt,
der König wollte wissen, was seine Frau in der Beichte Johannes anvertraute. Johannes weigerte
sich standhaft, das Beichtgeheimnis zu verletzen. Die letzte Sicherheit bleibt aus. Zumindest
heißt es bei der Heiligsprechung im Jahre 1729, daß sein unverbrüchliches Schweigen
der Grund für den schrecklichen Tod gewesen sei. Hinzu kommt wohl auch sein Eintreten
für die Rechte des armen Volkes gegenüber den hochgestellten Persönlichkeiten.

Johannes Nepomuk wurde furchtbar gefoltert, mit Fackeln gebrannt. Der König selbst soll
Hand angelegt haben. Im Bericht des Prager Erzbischofs an Papst Bonifaz IX. steht:
»Nachdem man ihm die Seiten so schwer verbrannt hatte, daß er auch ohne den gewaltsamen
Tod hätte sterben müssen, wurde der ehrwürdige Doktor Johannes, mein gesistlicher
Vikar, in aller Öffentlichkeit durch die Straßen und Gassen der Stadt zur Moldau ge-

218


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1988-7-8/0220