Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
10. und 11. Jahrgang.1990/1991
Seite: 196
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man auch in den Chroniken anderer Sparkassen verzeichnet findet und den man als das
Gründungsparadox der Sparkassen bezeichnen kann. Doch, neben anderen Personenkreisen
, waren es gerade diese »minderbemittelten Klassen«, die mit ihren Möglichkeiten, Geld
anzulegen, die erfolgreiche Entwicklung der Sparkassen förderten. Es ist dies eines der
Beispiele, an denen die Geschichte nicht arm ist, ein Beispiel nämlich dafür, daß auch zunächst
widersprüchlich erscheinende Ideen zum Erfolg führen können.

Zweifellos war es dem Stadtrat von Kenzingen bewußt, welche große Bedeutung einer solchen
Institution zukommen mußte. Einer Sparkasse, die den Dienstboten nicht nur die
Möglichkeit gab, sondern sie auch dazu veranlaßte, ihren Dienstlohn sicher und ertragbringend
anzulegen. Eines Tages hätten sie dann die Möglichkeit, sich etwas Eigenes anzuschaffen
, gegebenenfalls sogar aus einer doch bestehenden und oft drückenden
Abhängigkeit herauszukommen. Dies war etwas Bahnbrechendes im sozialen Bereich. Auch
war der Stadtrat der Ansicht, trotz der erwähnten Geldklemmen Zeiten oder vielleicht auch
gerade deshalb, die zu gründende Sparkasse auf keinen Fall auf bestimmte Bevölkerungsschichten
zu beschränken, sondern sie für jedermann zugänglich zu machen, und dies für
alle Einwohner im Gebiet des Großherzoglichen Bezirksamtes Kenzingen. Auch dachte
er sofort an ein direktes Kreditgeschäft der Sparkasse, nicht nur an ein mittelbares Ausleihgeschäft
durch Anlage der eingelegten Gelder bei einer »staatlichen Hinterlegungskasse
« oder dergleichen. Der Stadtrat schlug nämlich vor: Die Einlagen wären dann unter
hiesige Bürger gegen Versicherung verzinslich anzulegen. Auf diese weitsichtigen Überlegungen
der sofortigen Einführung des Kreditgeschäftes durch Darlehensgewährung bei Stellung
von Sicherheiten stoßen wir erst Jahre später in einem Ministerialerlaß aus den frühen
50er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Dort ist zu lesen, daß damit »der Geldverlegenheit
der Bürger durch Gewährung von Darlehen abzuhelfen sei«.

Auch wenn es zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Gründung einer Sparkasse in Kenzingen
gekommen ist, so zeigen die erwähnten Ansichten des Kenzinger Stadtrates und die
späteren Entwicklungen doch, daß man in Kenzingen der Zeit oft weit voraus war.

Warum es damals trotz guter Vorarbeit nicht sofort zur Sparkassengründung kam, ist nicht
mehr festzustellen. Es dauerte bis zum Jahre 1848, mit dem 12. April wurde damals der
erste Geschäftstag festgelegt. Voraus erging ein Aufruf des Kenzinger Bürgermeisters an
die Bevölkerung, sich der Sparkasse als Einleger zu bedienen, um der Armut entgegenzuwirken
. Denn auch geringe Einlagen würden im Verlauf der Jahre zu einem kleinen Kapital
anwachsen, welches schließlich sogar zum Kauf eines Hauses ausreichen könne. Die
Bürger wurden darüber hinaus aufgefordert, von der Möglichkeit der Darlehensaufnahme
bei der Sparkasse Gebrauch zu machen und sich nicht in die Fänge unseriöser Kreditgeber
, wuchernder Viehhändler und dergleichen zu begeben.

Von diesem Augenblick an aber schweigen die vorhandenen Unterlagen. Es war die Zeit
der Revolution 1848/49, die auch in Kenzingen hohe Wellen schlug. Wahrscheinlich ist
es aufgrund der Wirren jener Zeit entweder gar nicht zur Geschäftsaufnahme gekommen
oder die Geschäftstätigkeit wurde bald wieder eingestellt. Ein Erlaß des Großherzoglichen
Bezirksamtes Kenzingen vom 2.11.1853 spricht von einer Unterbrechung wegen der inzwischen
eingetretenen Zeitereignisse.

In diesem Erlaß wurde die Gründung einer Sparkasse für den Amtsbezirk Kenzingen erneut
angeregt und die Vorbereitungen auch sofort wieder aufgenommen. Die erstellten
Statuten wurden vom Großherzoglichen Ministerium des Innern am 27.9.1854 genehmigt.
Mit Erlaß des Großherzoglichen Bezirksamtes Kenzingen vom 1.12.1854 wurde dann die
Errichtung eines Sparvereins in Kenzingen allen Einwohnern des Bezirks bekannt gemacht.

Die Sparkasse firmierte somit zunächst als »Sparverein«, was jedoch für die Anstalt, die
von Anfang an unter Bürgschaft der Stadt Kenzingen stand, im Hinblick auf ihre Stellung
als kommunale Sparkasse keine Bedeutung hatte. Die mit Gemeindebürgschaft ausgestat-

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