Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
10. und 11. Jahrgang.1990/1991
Seite: 212
(PDF, 67 MB)
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der Sparkasse besser aufgehoben gewesen. Und so wären die Originalkonten auch einem
Fliegerangriff zum Opfer gefallen, wären die beiden Bomben, die unmittelbar neben der
Schule einschlugen, nicht Blindgänger gewesen.

Beim Einmarsch französischer Truppen in Kenzingen befanden sich die männlichen Sparkassenbediensteten
im Keller-Archivraum der Sparkasse, in welchen die Soldaten über die
damals noch bestehende Wendeltreppe hineinschossen. Glücklicherweise wurde dabei niemand
verletzt. Die Spuren dieser Schüsse konnte man noch bis zum großen Umbau im
Jahre 1975 sehen. Die zuletzt geschilderten Vorgänge haben sich am 19. April 1945 zugetragen
.

Für Kenzingen war somit der Krieg rund drei Wochen vor dem Abschluß des Waffenstillstandes
am 8. Mai 1945 beendet. Dieser Krieg hat ungeheure Verluste an Menschenleben
gefordert, aber auch an materiellen Werten. Fast alle größeren Städte waren durch Bombenangriffe
zerstört. Kenzingen ist diesbezüglich zwar noch relativ gut davongekommen,
doch die Verbandsgemeinden unserer Sparkasse am Rhein entlang, insbesondere das Dorf
Weisweil, auch Ober- und Niederhausen, waren größtenteils zerstört.

Die abziehenden deutschen Truppen hatten die Straßenbrücke über die Elz in Kenzingen
gesprengt. Nachdem dieser Flußübergang provisorisch hergestellt war, nahm die Sparkasse
den Geschäftsbetrieb wieder auf. Das Sparkassengebäude war zwar durch die Sprengung
der Elzbrücke beschädigt worden, doch dies behinderte den Geschäftsbetrieb nicht
wesentlich. Lediglich die unmittelbar zur Elz hin gelegenen Büroräume waren zunächst
nicht mehr zu benutzen.

Ein Blick in die Bilanzen der Sparkasse Kenzingen der Nachkriegs jähre 1945-1948 zeigt,
daß in dieser Zeit die Ausleihungen nochmals erheblich zurückgegangen sind, nämlich von
1,5 Millionen auf 0,6 Millionen Reichsmark. Die Einlagen dagegen - was sollten die Leute
auch ansonsten mit dem Geld - haben gewaltig zugenomen, von 23,5 Millionen auf 32,5
Millionen Reichsmark. Und dies, obwohl von der Militärregierung verfügt worden war,
daß keinerlei Einlagenzinsen zu zahlen sind. Die Kreditinstitute hätten dies auch gar nicht
tun können, nachdem die Verzinsung der gesamten Reichsschuld eingestellt worden war.
Damit waren 95 °7o der Aktivposten unserer Sparkasse unverzinslich geworden.

Warum gab es aber nach Beendigung des II. Weltkrieges keine Inflation des »freien Falles
« wie nach dem I. Weltkrieg? Dies wäre zu erwarten gewesen, da wiederum ein Großteil
des Volksvermögens im wahrsten Sinne des Wortes »verpulvert« worden war. Der Grund
lag in der staatlichen Bewirtschaftung aller Güter und der Festschreibung der Preise und
Löhne über die Kriegszeit hinaus. Die Eingriffe in den Markt - sofern man von einem solchen
überhaupt noch sprechen konnte - wurden sogar noch rigoroser. Alles, aber auch
wirklich alles, vom Brot über den Backstein bis zum letzten Nagel, wurde staatlich bewirtschaftet
. Dies war der Versuch, selbst das Chaos noch ordnungsgemäß abzuwickeln, indem
sogar der Mangel bzw. meist das Nichtvorhandensein von Gütern reglementiert wurde.
Trotzdem - oder gerade deshalb - blühte besonders in den großen Städten der Schwarzmarkt
. Hier zeigte sich dann ganz offen die »versteckte Inflation«. Infolge des Mangels
an allem, tauschte man überall nicht absolut Nötiges gegen unbedingt Notwendiges. Und
da die Bedürfnisse der Menschen und das, was sie noch hatten, verschieden waren, funktionierte
dies sogar. Nur, neue Güter gab es allerdings kaum.

Bei dieser Situation wurde einsichtig, daß eine wirtschaftliche Gesundung niemals möglich
sein würde, ohne durch einen Währungsschnitt den Geldüberhang zu beseitigen. Und jeder
- von den »Großen« des Schwarzmarktes vielleicht einmal abgesehen - erwartete mit
Sehnsucht den »Tag X«. Dies, obwohl jedem klar war, daß man zunächst nichts mehr im
Geldbeutel haben würde, wenn »das Geld kaputt geht«; so bezeichnen dies ältere Leute
noch heute, wenn sie von der Währungsreform erzählen. Meist wird dabei ein noch treffenderer
volkstümlicher Ausdruck verwendet. Es wird gesagt, daß damals »das Geld verreckt
ist«.

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