Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
12. und 13. Jahrgang.1992/1993
Seite: 58
(PDF, 46 MB)
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Die Kreisfenster sind seit etwa 1275 ein im Bodenseegebiet mit Vorliebe verwendetes Bau-
und Schmuckelement. Es tritt hier häufiger auf und kunstvoller gestaltet als in anderen
Gegenden. Beispiele: am Südflügel des Kreuzganges des Konstanzer Münsters wurden kurz
nach 1300 die älteren Kreisöffnungen über den hochgotischen Fenstern mit feingliedrigem
Masswerk gefüllt. Ihre künstlerische Quelle liegt in der Salemer Bauhütte. Die Fensterfolge
des Konstanzer Münster-Kreuzganges wird ein wahres Schulstück der Entwicklung des
Fensterstils genannt. Hier ist auch die Grunform für das vereinfachte Kreisfenster von Wonnental
zu suchen. Das wird aber erst möglich sein, wenn dieses - und möglicherweise ein
zweites ein paar Meter westlich davon - freigelegt sind. Verwandt und zeitlich nahe dürften
auch die Oculi von Königsfelden sein, welche allerdings nicht der Erhellung des Kirchenraums
, sondern der Belüftung des Daches dienen. Auch Säckingen am Rhein, sowie
mehrere Kirchen und Klöster am Bodensee waren mit Kreisfenstern versehen. Ihre Anordnung
am Bau war nicht immer dieselbe. Anstelle von „Ochsenauge" möchte ich sie an Rhein
und Bodensee lieber „Fischauge" nennen.

Pr

Abb. 3: Grundriss: Ch = Chor; S = Schiff; Ne = Nonnenempore; Sa = Sakristei; Tr=Treppenhaus;
Ar=Armarium (Bibliothek); Pt = Portal; Pf = Pforte; Pr = Haus des Propstes; Kr = Kreuzgang
Nord; Gp = Gartenpforte; Kl = Keller

Das Wonnentaler Kreisfenster in der südlichen Wand des Kirchenschiffes war Lichtöffnung
, denn an dieser Stelle waren Lanzettfenster nicht möglich wegen der Höhe des anschließenden
, um 1310/20 nur zweistöckigen östlichen Flügels der Anlage. In diesem waren
unten Arbeitsräume, oben das Dormitorium, der Schlafsaal der Nonnen untergebracht.
Dieser Teil war aus Sicherheitsgründen mit einer starken Mauer in einem Abstand von
8-9 Metern von der Kirche abgeschlossen; ein Zugang war ursprünglich nur über den Kreuzgang
möglich. Unter gleichhohem Dach zwischen dieser Brandmauer und der Kirchenschiffmauer
befand sich unten die Sakristei, der Treppenaufgang und ein für Personen
und „Wagen" geteilter Flur zwischen Kreuzgang und den Gartenanlagen auf der Ostseite
des Klosters. Über der Sakristei der Kapitelsaal, auf gleicher Höhe vorgelagert der Treppenaufgang
mit Flur aus Holz gezimmert, gegenüber das auch noch heute vorhandene,
an die Mauer des Kirchenschiffes angelehnte steinerne Armarium, die ehemalige Klosterbibliothek
mit drei Rundbogenfenstern nach Süden geöffnet. In ihm standen auf hölzernen
Gestellen die Bücher, welche die Priorin oder auch die Vorsängerin an die Nonnen
verteilte. Dem Armarium war wahrscheinlich schon in früher Zeit eine überdachte, auf
Eichenpfosten abestützte Terrasse vorgelagert, eine luftige Laube, von der man eine schöne
Sicht auf die Gartenanlagen im Innenhof, einen windgeschützten Ort im Freien zum
Studium, zum Gespräch, zur Erholung hatte.

Direkt unter dem Armarium, der kleinen Klosterbibliothek, befindet sich in der Südwand
der Kirche das heute noch vorhandene Portal mit reichem, sorgfältig aus dem Sandstein
gehauenem hochgotischem Gewändeprofil.

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