Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
21., 22. und 23. Jahrgang.2001-2003
Seite: 130
(PDF, 49 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2003-21-23/0132
Eva Zimmermann

Zwei mittelalterliche Bildwerke in Holz und Stein
in ausgewählten Beispielen*

1. Kruzifixus

Oberrhein, drittes Viertel 14. Jahrhundert

1892 aus Karlsruher Privatbesitz erworben. Soll in Kenzingen (Krs. Emmendingen) auf einem
Speicher gefunden worden sein.

Das Haupt ist mit schmerzlich hochgezogenen Brauen und geöffnetem Mund zur rechten
Schulter gesunken, der Körper ist blutüberströmt (die Blutstropfen treten plastisch hervor) der
Brustkorb mit sich abzeichnenden Rippen, Wirbeln und klaffender Seitenwunde ist stark vorgewölbt
, die Beine sind in gepresster Stellung übereinandergeheftet, die jetzt verstümmelte
Draperie des Lendentuches war dagegen eher schlicht gehalten. Diese Häufung von Zügen
äußersten Leidens ist charakteristisch für die sogenannten Pestkruzifixe, die um die Mitte des
14. Jahrhunderts zur Zeit der großen Pestepidemien und der Büßerbewegung der Geißlerumzüge
entstanden. Wie bei anderen Kruzifixen dieses Typus ist auch bei unserem Bildwerk
durch schräges Hochführen der (jetzt fehlenden) Arme das qualvolle Hängen am Kreuz noch
besonders deutlich gemacht worden.

Sehr nahe verwandt ist, wie Ilse Futterer erkannte, ein Gekreuzigter, gleichfalls ohne Arme, aus
Klingnau im Aargau, jetzt im Historischen Museum Basel (Futterer 1930, Abb.60, 64), der
zwar seine Fassung verloren hat, aber noch die vollständige Lendentuchpartie aufweist.
Danach wäre bei unserem Kruzifixus ein breiteres Faltengehänge auf seiner rechten Seite und
ein frei herabfallender Zipfel links zu ergänzen. Besonders ähnlich sind die als einheitliche
Masse gebildeten Haare und die Stellung der Beine. Wegen der relativen Breite der Figuren,
wegen ihres streng vertikalen Aufbaus und des schon verkürzten, über das eine Knie hochgeschobenen
Lendentuchs setzt Ilse Futterer beide Kruzifixe im Text S. 55 um 1350-60 an; im
Katalogteil S. 171 erweitert sie die Zeitangabe auf das dritte Jahrhundertviertel. Letzterer
Datierung ist angesichts der ungesicherten Chronologie der südwestdeutschen Holzplastik im
14. Jahrhundert der Vorzug zu geben.

Linden(?)holz, vollrund, mehrfach überfasst. Kopf aus mindestens zwei Teilen zusammengefügt
. Die ehemals schräg angesetzten Arme sowie die Dornenkrone fehlen (ein im rechten Ohr
erhaltener alter Nagel diente vielleicht zur Befestigung der Dornenkrone). Stark wurmstichig,
dadurch Teile des Lendentuchs, vor allem seitlich sowie weitgehend die Zehen zerstört. Ergänzungen
in Kitt an Haaren und Lendentuch. Höhe 105 cm.

Inv. Nr. C 6216

Literatur: Kdm Baden, Bd. VI, 1, Freiburg Land, 1904, S. 172, Abb. 64. - Futterer 1930,
S. 54 f., 171, Abb. 61. - Schneider 1938, Nr. 75.

* Texte und Abbildungen sind mit freundlicher Genehmigung des Badischen Landesmuseums entnommen
dem Band von Eva Zimmermann, Die mittelalterlichen Bildwerke in Holz, Stein, Ton und Bronze mit
ausgewählten Beispielen der Bauskulptur, Badisches Landesmuseum, Karlsruhe 1985.

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