Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
21., 22. und 23. Jahrgang.2001-2003
Seite: 136
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Canae Galileae, constructum Romae Anno 1685 in expositione Wen. Sacramenti in Templo Var-
nesiano Societatis Jesu. Vergleichen wir diesen Kupferstich mit der Scenerie zu Kenzingen, so
finden wir, daß der Maler nur in der Anlage des Unterbaues wesentlich vom Originale abgewichen
ist, indem er ihn einfacher gestaltet, und in dem Giebelbau, dessen Balustrade bei
Pozzo gerade, in Kenzingen dagegen nach vorne ausladend gedacht ist. Unwesentliche Änderungen
zeigen sich noch an einigen Details, wie z.B. bei den Evangelisten in den Zwickeln über
dem Mittelbogen, welche der deutsche Künstler in schwebende, schildtragende Engel mit flatternden
Gewändern übersetzt, oder bei den seitlichen Fensteröffnungen, welche in der Ken-
zinger Scenerie sehr unruhig wirkende Schildbekrönungen tragen, während in Pozzos Kupferstich
das Fehlen derselben die architektonischen Glieder besser hervortreten läßt. Der Zweck
der Scenerie in der Kirche zu Kenzingen bedingt es auch, daß die in der Mitte rückwärts sichtbar
werdenden Theile der Architektur samt der Darstellung der Hochzeit zu Kana auf dem Stiche
Pozzo's hier in Wegfall kamen.

Aber trotz all dieser wesentlichen und unwesentlichen Änderungen und Freiheiten, welche sich
der deutsche Barockkünstler erlaubte, läßt sich noch unschwer das Vorbild Pozzo's erkennen.
Und wollen wir auch die Leistung jenes als keine sehr bedeutende annehmen, da ihm ja außer
dem fertigen Prospekt noch vier sehr instruktiv gezeichnete Details der Gesammtanlage (Tafel
67 bis 70 des oben genannten Werks) vorlagen, so müssen wir uns doch glücklich schätzen,
wenigstens eine freie Ausführung des Pozzo'schen Entwurfes zu besitzen, die uns einestheils
den Geist des gewaltigen Barockkünstlers ahnen läßt und anderntheils ein mächtiges Bild von
jenen im 17. und frühen 18. Jahrhundert so beliebten und vielfach mit größtem Unrecht
geschmähten "Theatern" giebt.

Fragen wir nach der Entstehungszeit der Kenzinger Scenerie, so dürfte wohl die Annahme, daß
sie in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts verfertigt worden ist, sich rechtfertigen lassen
. Pozzo gab das obengenannte Werk im Jahre 1693 zu Rom heraus, die ersten deutschen
Übersetzungen erschienen im ersten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts. Obwohl es nun durchaus
nicht unmöglich ist, daß sich der ausführende Künstler an die italienische Ausgabe gehalten
hat, so dünkt mir doch der andere Fall, daß die deutsche Übersetzung ihm vorlag, für wahrscheinlicher
.

Vielleicht geben diese Zeilen Anlaß, dem Namen des Künstlers nachzuforschen. Mir lag es nur
daran, auf das für die Kunstgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts immerhin beachtenswer-
the Beispiel eines "Theatrums" aufmerksam zu machen, das sich durch alle Stürme, denen die
Kunst jener Zeit so lange ausgesetzt war, erhalten hat und das mit dem Namen eines der gewaltigsten
Barockkünstler, mit dem des Andrea dal Pozzo verknüpft ist.

Zum Schlüsse dieser Zeilen möge es mir gestattet sein, Herrn Professor Theodor Spieß zu
München, dem ich den ersten Hinweis auf diese prächtige Festdekoration der Kirche zu Kenzingen
verdanke, auch an dieser Stelle nochmals meinen besten Dank auszusprechen.

Aus "Schau-ins-Land", 22. Jg, Ausgabe 1895, S. 44 f.

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