Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
24. und 25. Jahrgang.2004/2005
Seite: 13
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einem Landsitz in Bagneres und später Nollet (4) verbrachte. Bei den
Jesuiten in Toulouse hatte er eine solide Schulausbildung erhalten
(5), bevor er begonnen hatte, Philosophie und - zunächst eher nebenbei
- Jura zu studieren. ich würde Philosophielehrer werden. Ich
bereitete ohne die geringste Mühe mein Staatsexamen vor, übrigens
auch in Jura, - aber das als Zeitvertreib - so leicht fiel mir alles.14

Doch dann musste der junge Mensch seine ersten Erfahrungen mit
dem Unheil machen: Der Kriegsausbruch, die vernichtende Niederlage
Frankreichs und vor allem der Tod seines Bruders Arnaud (6),
der am 3. Juni 1940 bei Dünkirchen fiel, waren niederschmetternde
Ereignisse im bis dahin unbeschwerten Leben Joses. Der Zweite
Weltkrieg hatte begonnen.

Deutschland hatte Frankreich überrannt, das Land in den besetzten
Norden und den unter der Vichy-Regierung (vgl. 2) kooperierenden,
kontrollierten Süden geteilt. Am 11. November 1942 schließlich
marschierten deutsche Truppen auch in den bis dahin noch nicht
besetzten Teil des Landes ein. Nun organisierte sich Widerstand der
Franzosen in der „Resistance" (7). Etwa um dieselbe Zeit wurde die
deutsche Armee in Stalingrad umzingelt, und am 27. Januar 1943
führte die amerikanische Luftwaffe von Großbritannien aus den
ersten Angriff gegen Deutschland bei Tag, wobei die feindlichen
Geschwader auch das Gebiet von Kenzingen überflogen.15 Am 31.
Januar und 2. Februar erfolgte die Kapitulation der 6. deutschen
Armee in Stalingrad. Reichspropagandaminister Goebbels rief am
18. Februar zum „totalen Krieg" auf. Das Afrikakorps kapitulierte

am 13. Mai 1943 und am 24. Juli 1943 wurde Mussolini gestürzt. Sechs Tage später erreicht
Jose Cabanis mit 24 Studienkollegen Köndringen. Nach etwa einem weiteren Jahr wird mit
der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 die Befreiung Frankreichs beginnen
. Cabanis wird die kritische Zeit vor dem Zusammenbruch in Kenzingen verbringen.

Abb. 6: Jose 1944

Service de Travail Obligatoire (STO)

Jose arbeitet nicht freiwillig in Deutschland; dennoch ist er kein Zwangsarbeiter im eigentlichen
Sinn: Er ist ein Opfer der zwischen Berlin und Vichy ausgehandelten Verträge zur
Beschaffung von Arbeitskräften für die deutsche Wirtschaft. Bereits zur Halbzeit des Krieges
war offensichtlich geworden, dass es in Deutschland an Männern fehlte: Sie waren zum Wehrdienst
eingezogen und viele bereits gefallen, so dass in der Landwirtschaft und besonders in
der Rüstungsindustrie Arbeiter fehlten, die durch Kriegsgefangene und die zurückgebliebenen
Frauen alleine nicht ersetzt werden konnten. Deshalb wurde schon 1942 unter deutschem
Druck die Zusammenarbeit mit der Vichy-Regierung intensiviert durch die Schaffung des Pro-
grammes „Releve": Französische Facharbeiter sollten im Austausch gegen Kriegsgefangene in
deutschen Fabriken beschäftigt werden.

Die Teilnahme am Programm war ursprünglich freiwillig. In Frankreich herrschte kriegsbedingt
zunehmende Arbeitslosigkeit, da die Zerstörungen im Land Arbeitsplätze vernichteten.
Die Aussicht auf Lohn und weitere Vorteile, unterstützt durch rege Propaganda, die Deutsch-

M Cabanis, Petit entracte, S. 102.
15 Aufzeichnungen Linemann.

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