Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
24. und 25. Jahrgang.2004/2005
Seite: 74
(PDF, 30 MB)
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Abb. 54

Abb. 55:

Über den Dächern
Kenzingens

glich, dachte er an die außergewöhnliche
natürliche Vornehmheit Annas,
an die Grazie und Harmonie selbst
ihrer unbedeutendsten Geste.

Man wusste, das Ende stand
unweigerlich bevor. Kenzingen war
weitgehend menschenleer. Fast alle
Einwohner waren in ihre Erdkeller in

den Hügeln oder in weniger gefährdete Dörfer des Schwarzwaldes gezogen. Vom Kriegsgeschehen
erfuhr man nur durch mündliche Berichte; Radionachrichten oder Zeitungen gab es
nicht mehr. Fast pausenlos griffen feindliche Flugzeuge an, und die Straßen füllten sich immer
mehr mit Flüchtlingen. Man wusste, dass Karlsruhe und Offenburg gefallen und besetzt worden
waren. Geschichten gingen um von wilden französischen Soldaten, die die Frauen schonungslos
missbrauchten, die Schränke plünderten und Armbanduhren stahlen. Als Jose dies
von Paula erfuhr, entrüstete er sich und behauptete, seine Landsleute benähmen sich immer
freundlich und rücksichtsvoll. Er genoss die Revanche der deutschen Niederlage, aber er
fürchtete, Paula könnte ein Unheil zustoßen, ihre armseligen Schränke könnten auch geleert
werden. Er dankte Gott, dass dies nicht eintraf.

Die letzten Kriegstage in Kenzingen waren gekommen. Wie Jose Cabanis sie erlebte, schildern
seine Tagebucheinträge vom 18., 19. und 20. April:

18. April:... Viertel vor acht [ 19.45 Uhr]. Flugzeuge haben soeben die Stadt beschossen. Fast
überall brennen Häuser. Kein Wasser zum Löschen.

19. April: Alle Häuser um [das von] B. [Bonnefond] brannten gestern abend, aber man konnte
seines retten. Man schöpfte Wasser aus dem Bach, der ganz in der Nähe fließt. Ich bin kurz
nach 9 Uhr hinausgegangen. Riesiges Flammenmeer. Das Erstaunen der Leute, die glaubten,
ich sei fort. Eine Kugel mit einem Flammenschweif flog durch das kleine Fenster in die Küche,
wo B. sich befand. Wir gehen in die Hügel in ein Feld von Paula. Der Tag droht dramatisch zu
werden.

20. April: Es [der 19. April 1945] war der Tag der Befreiung. Am Morgen gegen acht Uhr, als
wir dabei waren, in die Hügel aufzubrechen, flogen einige Flugzeuge über uns hinweg und
warfen Brandbomben ab. Als wir die Stadt verließen, gab es vier Brandherde, mit langen
Rauchfahnen in den Himmel. Morgen und Nachmittag ruhig, lagen im Gras. Ganz in der Nähe
schössen die deutschen Batterien. Man sagte, die Franzosen seien nur wenige Kilometer entfernt
. Paula, die auf den Gipfel des Hügels /Niederer Berg7 gestiegen war, sagte, sie sähe die
sich nähernden Panzer. Plötzlich erwiderte die Artillerie der Alliierten das Feuer und schoß
auf den Hügel, ganz in unsere Nähe. Rannte den Hügel hinab, in den Keller des Gärtners (50).
Gegen sechs Uhr holte ein Gendarm den Bürgermeister, der dort sein Büro hatte und sagte,

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