Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
26. und 27. Jahrgang.2006/2007
Seite: 123
(PDF, 62 MB)
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Die aus dem Mittelalter überkommene Verknüpfung von geistlichem Amt und weltlicher Herrschaft
war indes schon sehr viel früher in Frage gestellt worden. Dabei erhoben sich die seit
der Reformation immer lauter werdenden und im Zuge der Aufklärung ganz massiv vorgetragenen
Zweifel an der Berechtigung geistlicher Herrschaft mitnichten allein außerhalb von
Stifts- und Klostermauern. Viele Häupter der Reichskirche hatten längst „ aufgehört, sich als
Mitglieder eines Standes eigenen Rechts und eigener Würde zu fühlen ", hingen statt dessen
„selbst den Idealen der Aufklärung, ja sogar denen der Revolution an" (Gerrit Walther) und
empfanden ihren Stand als unzeitgemäß und überflüssig. Die Säkularisierung des Denkens war
immer weiter vorangeschritten und in ihrer Konsequenz lag bald auch der Gedanke an eine
umfassende Säkularisation nicht mehr fern, um so weniger, als das revolutionäre Frankreich
bereits im November 1789 alles Kirchengut zu Nationaleigentum erklärte und 1790/92 zahlreiche
Bistümer sowie alle religiösen Gemeinschaften aufhob.

Mit dem siegreichen Vordringen der Revolutionsarmeen zunächst bis an den Rhein und
schließlich noch weit darüber hinaus geriet auch das altehrwürdige Verfassungsgebäude des
Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation ins Wanken. Bereits in einem geheimen
Zusatzvertrag zu dem 1795 zwischen Frankreich und Preußen geschlossenen Frieden von
Basel wurde dem preußischen König für die links des Rheins erlittenen Gebietsverluste eine
Entschädigung aus geistlichem Besitz rechts des Stroms in Aussicht gestellt. Entsprechende
Zusagen machte Napoleon in den Jahren 1795 und 1796 auch dem Landgrafen von Hessen-
Kassel, dem Herzog von Württemberg und dem Markgrafen von Baden. Vollends akut wurde
die Entschädigungsfrage, nachdem 1797 im Frieden von Campo Formio auch Österreich den
größten Teil des linken Rheinufers preisgegeben hatte. Auf dem Rastatter Kongreß wurde darüber
intensiv verhandelt, aber eine Entscheidung fiel infolge des bekannten Mordes an dem französischen
Gesandten noch nicht. Erst der Friede von Luneville, der Frankreich 1801 im Besitz
des linken Rheinufers bestätigte, ebnete den Weg zur Durchführung der Säkularisation endgültig.
Insbesondere war in diesem Friedensvertrag vorgesehen, daß die in Aussicht genommenen Entschädigungen
aus geistlichem Besitz unter französischer Aufsicht zu geschehen hatten.

Daraufhin entwickelte sich in den Vorzimmern des Ersten Konsuls Napoleon Bonaparte und seines
Außenministers Charles Talleyrand ein zutiefst unwürdiger Wettlauf um die Filetstücke der
zur Schlachtung freigegebenen Reichskirche und ihrer Untergliederungen, und auf daß ihnen
bei diesem Schlachtfest möglichst große Portionen zugeteilt wurden, zahlten die weltlichen
deutschen Fürsten vor allem an Talleyrand - einst Bischof von Autun - hohe Bestechungsgelder
. Am Ende durfte eine vom Kaiser in Wien eingesetzte und in Regensburg zusammengetretene
Reichsdeputation gutheißen, was die Großmächte Frankreich und Rußland bereits viele
Monate davor in Paris ohne jede Beteiligung von Institutionen des römisch-deutschen Reiches
vereinbart hatten.

Dieser vom 25. Februar 1803 datierende Reichsdeputationshauptschluß - das letzte „Grundgesetz
" des Alten Reiches - bedeutete das Ende für nicht weniger als 112 geistliche Reichsstände
, dazu für 41 Reichsstädte und - als einziges weltliches Territorium - für die Kurpfalz.
Darüber hinaus - diese Verfügung betraf Klöster wie Wonnental oder Tennenbach - wurde den
Landesherren anheimgestellt, mit den in ihren Gebieten gelegenen landsässigen Klöstern nach
Gutdünken zu verfahren, das heißt, sie ebenfalls zu säkularisieren, aufzuheben und ihren Besitz
einzuziehen.

Baden profitierte von all dem am meisten: Für ein im Linksrheinischen verlorenes Territorium
im Umfang von nur acht Quadratmeilen mit 25 000 Einwohnern wurde es mit 59 Quadratmei-

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