Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
26. und 27. Jahrgang.2006/2007
Seite: 131
(PDF, 62 MB)
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der Politik" bewirkt. Man mag sich über das Operettenhafte, fast ausschließlich dem höfischen
Zeremoniell und allenfalls noch polizeilichen Zwecken dienende Militär der geistlichen Staaten
getrost mokieren - die durchweg geringe Militarisierung dieser Staaten bedeutete den
Untertanen ganz zweifellos eine Wohltat in doppelter Hinsicht: Zum einen entfiel so die anderwärts
oft mit Gewalt und großer Rücksichtslosigkeit betriebene Rekrutenwerbung, und auch
von Soldatenverkäufen aus geistlichen Ländern in die Neue Welt ist - im Unterschied zu den
weltlichen Hessen-Kassel, Pfalz-Zweibrücken, Württemberg oder Brandenburg-Bayreuth -
nichts bekannt. Zum anderen wurden durch den Verzicht auf stehende Heere beträchtliche
Finanzmittel eingespart, Gelder, mit denen die Fürstbischöfe und Prälaten wohltätig wirken
und viele produktive Kunsthandwerker beschäftigen konnten.

Vor einem halben Jahrhundert zögerte der katholische Kirchenhistoriker Hubert Jedin die
Frage zu beantworten, ob im 18. Jahrhundert die Reichskirche anachronistisch und sinnentleert
gewesen sei, und er meinte, man dürfe sich diesbezüglich weder von schwärmerischer Reichsromantik
noch von einer engen kleindeutschen Perspektive leiten lassen. Franz Schnabel, der
große Historiker des bürgerlichen Zeitalters, bezeichnet die Säkularisation kurzerhand als Raub
und läßt im übrigen dem Vergangenen weise Gerechtigkeit widerfahren, wenn er schreibt: „Die
deutschen Priesterstaaten waren gewiß nicht besser und nicht schlechter regiert als die weltlichen
Territorien des 18. Jahrhunderts: es gab Musterregenten, es gab Fürsten, die zu sorglos
und zu weich waren, und es gab solche, die Willkür und Bedrückung walten ließen. Aber ihre
politische Bedeutung im großen Verbände des Reiches hatten diese geistlichen Staaten längst
verloren. Sie boten kein wirksames Gegengewicht mehr gegen den Partikularismus der weltlichen
erblichen Fürsten."

* * *

Beim vorstehenden Beitrag handelt es sich um den Wortlaut eines am 23. September 2003 vor dem Heimat
- und Verkehrsverein Kenzingen e.V., der Arbeitsgemeinschaft für Geschichte und Landeskunde in
Kenzingen e.V. und dem Herbolzheimer Kulturkreis in Kenzingen gehaltenen Vortrags. Statt Einzelnachweisen
sei summarisch auf die folgende weiterführende Literatur verwiesen:

Alte Klöster, neue Herren. Die Säkularisation im deutschen Südwesten 1803. Hrsg. von Volker Himmelein
, Hans Ulrich Rudolf [et al.], Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2003 in Bad Schussen-
ried, 2 Bde in 3, Ostfildern 2003.

Kurt Andermann, Die Geistlichen Staaten am Ende des Alten Reiches. In: Historische Zeitschrift, 271
(2000), S. 593-619.

Karl Otmar von Aretin, Das Alte Reich 1648 bis 1806, 4 Bde, Stuttgart 1993-2000.

Rainer Brüning, Zum Wohl des Vaterlandes? Abt Caspar Oexle und die badische Inbesitznahme des Klosters
Salem 1802/03 bis 1821/27. In: Säkularisation am Oberrhein, S. 115-128.

Kathrin Ellwardt, Säkularisierte Gebäude im Großherzogtum Baden. Bestand und Verwendung. Die
Besichtigungsreise des Oberkammerjunkers Karl Wilhelm Adolph von Ende im Jahr 1817. In: Zeitschrift
für die Geschichte des Oberrheins, 152 (2004), S. 263-298.

Geistliche Staaten im Nordwesten des Alten Reiches. Forschungen zum Problem frühmoderner Staatlichkeit
. Hrsg. von Bettina Braun, Frank Göttmann und Michael Ströhmer, Paderborn 2003 (= Paderborner
Beiträge zur Geschichte, 13).

Geistliche Staaten in Oberdeutschland im Rahmen der Reichsverfassung. Kultur, Verfassung, Wirtschaft,
Gesellschaft. Ansätze zu einer Neubewertung. Hrsg. von Wolfgang Wüst, Epfendorf a.N. 2002 (= Oberschwaben
- Geschichte und Kultur, 10).

Die Geistlichen Staaten am Ende des Alten Reiches. Versuch einer Bilanz. Hrsg. von Kurt Andermann,
Epfendorf a.N. 2004 (= Kraichtaler Kolloquien, 4).

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