Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
34., 35. und 36. Jahrgang.2014-2016
Seite: 217
(PDF, 66 MB)
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Kaum hatten die Feinde die Stadt besetzt, fing man an, aufzuräumen und Schäden
zu beseitigen (Abb. 15). Wie aus einer Betäubung wachten viele nach und nach
auf und wurden sich der grässlichen Zahl der Opfer bewusst; zaghaft fragten sie
nach den Schuldigen. Erwachsene mussten sich der politischen Säuberung' stellen
. Nach Gerichtsverfahren wurden etwa 1000 Deutsche als Verbrecher hingerichtet
; einer von ihnen war Robert Wagner, Gauleiter von Baden und als ,Chef
der Zivilverwaltung' im widerrechtlich annektierten Elsaß von 1940 bis 1945 gefürchtet
und gehasst.

Im Laufe der Jahrzehnte verfeinerte sich die Einsicht vieler Deutscher in eigenes
Versagen. Erinnerungen von Opfern der nationalsozialistischen Barbarei und
wissenschaftliche Veröffentlichungen ließen sie erkennen, dass sie und Millionen
ihrer Landsleute Schuld auf sich geladen hatten. Vor und nach 1933 hatten sie
geschwiegen, wo sie hätten sprechen sollen; sie hatten gewähren lassen, wo sie
hätten handeln müssen; sie hatten mitgemacht, wo sie NEIN hätten sagen müssen.

Aus den Nachkriegswirren in die Zeit des Friedens

Kenzingen und dem Breisgau, Deutschland und Europa ist Unerhörtes vergönnt
gewesen, was man sich 1945 angesichts der Toten, der materiellen, geistigen und
seelischen Verwüstungen nicht vorstellen konnte: Jahrzehnte erst mühsamer,
dann beschleunigter und zeitweise fast stürmischer Entwicklung in einem mehr
und mehr befriedeten Europa.

Tausenderlei musste nach dem Krieg gleichzeitig angepackt werden. Man wollte
aufbauen, Bewährtes erhalten und Neues schaffen. Das Gemeinwesen sollte dem
Recht und dem Frieden verpflichtet sein. Einige Fäden aus dem bunten Teppich,
dem die Geschicke der Stadt ähneln, seien betrachtet.

Besiegt und besetzt

Südbaden gehörte seit 1945 zur französischen Besatzungszone. 1940 tief gefallen
, gebärdeten sich die neuen Herren als Sieger; auch in Kenzingen beschlagnahmten
sie unbeschädigte Häuser. Zum Alltag gehörten in den ersten Monaten
Diebstahl, Raub und Vergewaltigung - nicht ,von oben' befohlen, eher eine Folge
von Zuchtlosigkeit in den unteren Rängen der Truppe. Da die Besatzungsstreitkräfte
und deren Angehörige sowie zusätzlich auch noch französische Kinder aus
, ihrer' Zone lebten, litt die deutsche Bevölkerug größere Not als in den anderen
Besatzungszonen, die sowjetische vielleicht ausgenommen.

Um zerstörte Anlagen im eigenen Land wiederherzustellen, ließ Frankreich das
zweite Gleis der Eisenbahn Offenburg-Kenzingen-Denzlingen ausbauen, was den
für den Aufbau dringend notwendigen Verkehr stark behinderte. Erst im Oktober
1950 war die Strecke wieder durchgehend zweigleisig zu befahren. Mühelos

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