Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
37. und 38. Jahrgang.2017/2018
Seite: 202
(PDF, 59 MB)
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geistigen und künstlerischen Eigenständigkeit. Woher kamen die Anregungen
und die Technik zur Schwarz-Weiß-Kunst? Dafür stehen Namen wie Hermann
Struck, Emil Orlik, Käthe Kollwitz - und nicht zuletzt die Ausstrahlung, die von
den Rembrandschen Kupferarbeiten ausging; der Einfluß der französischen impressionistischen
Grafik ist spürbar.

Eine Wiederentdeckung

Der Freundeskreis Wilhelm Oesterle hat in den 1960er-Jahren seine Wiederentdeckung
inszeniert. Öffentliche Aufmerksamkeit erregten die Ausstellungen in
Charlottenburg (1953) und 1966 im Freiburger Augustinermuseum. Der 100. Geburtstag
war ein gegebener Anlass, das breit gefächerte Werk in einer Retrospektive
im Verein Berliner Künstler und in der Volkshochschule Nördlicher Breisgau
in Herbolzheim der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In seiner Heimatgemeinde
Wagenstadt wurde am Geburtshaus des Künstlers eine Gedenktafel angebracht
und eine Straße nach ihm benannt.

Die Kritik reagierte positiv auf die Ausstellungen im bundesdeutschen Raum, wie
auch im Grafikmuseum der Stadt Bruneck (Südtirol) und im Freiburger Morat-
Institut (2004) Das geplante Oesterle Kabinett in Kenzingen konnte leider nicht
realisiert werden. Im Oberen Zirkel 23, am Wohnhaus und der Werkstätte von
Karl Weis, erinnert eine Tafel an Oesterles Lehrzeit von 1890 bis 1893.

Werk und Wirkung

Die Thematik im Werk von Oesterle steht in einem engen Zusammenhang mit
seiner eigenen Vita. Schon früh lernt der Vollwaise die Nöte des Lebens kennen.
Die Berichte seines Großvaters Jakob, des Dorfschneiders, über die 1848er-Re-
volution, an der auch Männer aus Wagenstadt beteiligt waren, mögen den aufgeweckten
Wilhelm beeindruckt haben. Motive des Freiheitskampfes sind die ersten
Bildtitel. Unter den frühen Radierungen gibt es Blätter, die inhaltlich an jene
Landsleute erinnern, die unter dem Zwang der sozialen Verhätnisse die Heimat
verlassen mussten. Wie ein roter Faden zieht sich das Motiv von Flucht und Klage
durch die Empfindungs- und Gestaltungswelt des Bildners. Sein letztes, nicht
ganz vollendetes Gemälde „Ruhende Flüchtlinge" (1928) beschäftigte ihn noch
bis an die Schwelle des eigenen Todes. Als der junge Kunstjünger Berlin zu seiner
Wahlheimat machte, ist er von dem neuen, großstädtischen Erlebnisraum künstlerisch
wie sozial fasziniert. Er spürt die große Unruhe, er sieht die Leidtragenden
die Opfer des Krieges, den er selbst miterlebt hat. Er ist aber auch beeindruckt
von der Schönheit der Umwelt. Als Soldat hat er in zahlreichen Handzeichnungen
diese Natureindrücke ins Bild gebracht. Politisch engagiert sich Oesterle in
den Bildungsverbänden der Freien Berliner Gewerkschaften. Die Druckgrafiken,
mit den Möglichkeiten der Vervielfältigung, bieten ihm ein primär demokratisches
Wirkungsfeld. In der Entwicklungsphase machen sich in seinem Schaffen

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