Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
37. und 38. Jahrgang.2017/2018
Seite: 218
(PDF, 59 MB)
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Die reformatorische Briefseelsorgerin Katharina Zell
aus Straßburg in ihrem Trostschreiben an die Kenzinger
Frauen von 1524.

Annegret Blum

Erst wenige Monate war Katharina Zell (1498-1562) mit dem Münsterprediger
Matthäus Zell (1477-1548) verheiratet, da konnte sie schon ihr Versprechen
einlösen, das sie ihrem Mann bei ihrer „Eheberedung" (Eheabsprache) gegeben
hatte, von nun an „armer und verjagter Leute Mutter zu sein"m

Seit Beginn des Jahres 1522 hatte in Kenzingen der Prediger Jakob Otter (1485-
1547) erfolgreich im reformatorischen Geist gewirkt und damit das Missfallen
des Bischofs von Konstanz sowie der habsburgischen Herrschaft auf sich gezogen
. Schließlich spitzte sich die Lage für die Stadt zu, da Erzherzog Ferdinand
(1503-1564) mit massiven Maßnahmen gegen sie gedroht hatte, falls die Kenzinger
an diesem, von ihnen wertgeschätzten Prediger, festhalten sollten. Um die
Bürger vor Schaden zu bewahren, beschloss Jakob Otter, die Stadt am 24. Juni
1524 zu verlassen. Seine engsten Anhänger, mehr als 150 Männer, gaben ihm
ein Stück Wegs das Geleit. Als die Kenzinger Bürger in die Stadt zurückkehren
wollten, wurden sie von Truppen der Regierung daran gehindert, sodass sie als
Glaubensflüchtlinge Asyl in Straßburg suchen mussten.

Am 1. Juli 1524 erreichten sie die freie Reichsstadt, die für ihre Offenheit und
Toleranz weithin bekannt war und in der Reformationszeit für viele Menschen
zur Zufluchtsstätte wurde. Die junge Pfarrfrau nahm 60 bis 80 der Flüchtlinge im
Münsterpfarrhaus auf und sorgte über mehrere Wochen für ihre Verköstigung. Bei
dieser spontanen Hilfsaktion des Ehepaars Zell dürfte auch die persönliche Bekanntschaft
beider mit Jakob Otter eine Rolle gespielt haben.[2] Außerdem gelang
es Katharina Zell, die übrigen Vertriebenen unterzubringen. Bereits hier zeigte
sich das Organisationstalent der Pfarrfrau, ein diakonisches Netz für Verfolgte zu
knüpfen. Sie war dann auch entscheidend dafür mitverantwortlich, dass die folgenden
Flüchtlingswellen der Zeit in Straßburg bewältigt werden konnten. Zeitlebens
behielt bei ihr die tatkräftige Nächstenliebe einen hohen Stellenwert.

Der Wirkungsraum Katharina Zells erschöpfte sich jedoch nicht in praktischen
Hilfsdiensten. Die Leib-und-Seel-Sorge lagen ihr gleichermaßen am Herzen. Die
Straßburgerin ließ sich betreffen von der besorgniserregenden Situation der Ken-

111 Zit. nach Dorothee Kommer, Reformatorische Flugschriften von Frauen. Flugschriftenautorinnen der
frühen Reformationszeit und ihre Sicht von Geistlichkeit, Leipzig 2013, S 177.

121 Elsie Anne McKee, Katharina Schütz Zell. Church mother. The Writings of a Protestant Reformer in
Sixteenth-Century Germany, Chicago/London 2006, S. 14, Anm. 18.

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