Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
39. Jahrgang.2019
Seite: 73
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Auszüge aus: Normale Bürger - widrige Zeiten

Alice Dreifuss

I. Ländliches und Städtisches

Meine Vorfahren kamen ursprünglich aus dem Elsass wie viele der Juden in den
Städtchen und Dörfern in Deutschlands Südwesten. Im frühen 18. Jahrhundert
überquerten sie den Rhein und gingen in die Kleinstaaten von Bischöfen und
Markgrafen, die bereit waren, Juden in ihrem Gebiet siedeln zu lassen. Die Juden
brachten nicht nur ihren Glauben, ihre Fähigkeiten und ihre weit verzweigten
Beziehungen mit, sondern auch eine Vorliebe für die elsässische Küche (so war
eine Lieblingsspeise Sauerkraut mit Wein und kurz angebratenen Zwiebeln). Außerdem
führten Neuankömmlinge auch viele französische Wörter ein (sie sagten
z.B. Trottoir statt zu Deutsch Gehweg oder Bürgersteig.)

Diese Zeit war voller Unbeständigkeit und Unsicherheit, für Juden und Nichtju-
den gleichermaßen. Jahrhunderte lang war die Gegend ein Durchzugsgebiet für
die Heere Europas gewesen, als die eine oder andere Gruppe zuerst gegen Osten,
dann gegen Westen zog. Die Loyalität gegenüber den verschiedenen Herrschern
wechselte oft und jeder Wechsel brachte neue Steuern und neue Gesetze. Erst
in der Zeit nach der Französischen Revolution stabilisierten sich Gebiets- und
Gerichtszuständigkeiten. In ihren frühen Anfangen waren die Juden im Schwarzwaldgebiet
schrecklich arm; die meisten Männer wanderten als Hausierer durch
das Land. Der Handel mit Nichtjuden wurde ihnen oft verboten. Weil diese Hausierer
nach ihren jüdischen Regeln lebten, insbesondere nach dem Kashrut (Speisevorschriften
) und dem Arbeitsverbot für den Schabbat, schössen im ganzen Gebiet
jüdische Gasthäuser aus dem Boden. Oft bildeten diese Gasthäuser den Kern
einer wachsenden jüdischen Gemeinde. Meine Vorfahren ließen sich schließlich
in Altdorf nieder, wo eine ziemlich große jüdische Gemeinde entstand, aber selbst
dort blieb im 18. Jahrhundert die Armut der Juden groß.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts kam es zu umwälzenden wirtschaftlichen Veränderungen
. Viele Bauern wandten sich der Rinderzucht zu und bauten Mais und
Gras als Viehfutter an. Andere eher traditionelle Feldfrüchte wurden aufgegeben.
Die Felder und Hänge der Gegend um den Schwarzwald waren für diese neuen
Unternehmungen gut geeignet. Die Bevölkerung der Region nahm zu, und durch
die Erweiterung der Dörfer und Städtchen wuchs die Möglichkeit für geschickte
Handwerker und Dienstleister aller Art.

* Textauswahl: Redaktion.

Reprorecht mit freundlicher Genehmigung von Robert Krais, Deutsch-Israelischer Arbeitskreis Südlicher
Oberrhein e.V. (DIA), Ettenheim, hrsg. im Hartung-Gorre-Verlag, Konstanz, 2009. Frühere Schreibweisen
des Namens Dreifuss waren sowohl Dreyfuß als auch Dreifuß.

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