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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
75.1957
Seite: 34
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herzustellen, uns die Wege in die Vergangenheit zu öffnen. Verblieh uns selbst
nicht die Möglichkeit, mit geschlossenen Augen alles noch zu sehen, genau so,
wie es eben noch gewesen?

So flutet das Leben wieder durch die Kaiserstraße, in der, wer je sie kannte,
sich wiederfindet. Und sich begleiten läßt von Schatten, die der Wachtraum
weckt, der längst Vergangenes Heute werden läßt. Sie hat es der Liebe leicht
gemacht, mit der mütterlichen Stadt in Fühlung zu kommen. Ihr Angesicht
zu sehen, wie es von jeher war.

Die alte Wirtin Freiburg, eine Frau mit Humor,
ließ es sich nicht nehmen, die Bächle reinzufegen. Sie
ersparen so der Polizei, den gröhlenden Studenten
aufzuschreiben. Die kleinen Bächle, die ihn plötzlich
kleinlaut machen und seine Hitze kühlen, wenn er
strauchelnd in ihnen seine Kneippkur nimmt.

Wie stets in Träumen braucht es seine Zeit, sich
suchend zurecht zu Enden. Doch dies erhöht den Reiz
des Wanderns und den Genuß am pötzlichen Entdecken
. Was unverrückt an seinem Platz blieb, genügt
, das andere zu ergänzen. Der Zigarrenfreytag
da. Kuenz, wie immer. Wo zu Semesteranfang der
Student sich fürs Kolleg die Hefte kauft. Und wenig
weiter Kühn, der Juwelier.

Mein Gott, wie manchem Alten Herrn mag all dies
Gold und Silber die Erinnerung an einen Ring plötzlich
in ihm wachrufen. Ein Ring, einst hier gekauft,
verstohlen nur im Bett von einer Braut getragen, die ein Semester für das
Leben nahm. . . .

War da nicht auch der „Fahnenberg" mit Norbert Müller, dem flinken,
kleinen Wirt, der jedem Gast die Tabaksdose zur Begrüßung bot? Der Tisch
der „Heubörse", an dem bei Bindingbier und frischen Brezeln die Meister der
Botanik in Leidenschaft gerieten, wenn sich von einer Exkursion zur andern
hinter ihrem Rücken am Kaisertsuhl die Orchideen kreuzten?

Verschwunden der Mützen-Kern. Freilich nur für Jahre. Denn eines Sonntags
jagte nach diesem Kriege ein Sportwagen durch die Kaiserstraße, drin
zwei Studenten „in Couleur". Bobbele riß die Augen auf. Der Durchbruch war
geschehen! Seitdem schichten wieder Mützenläden ihre Ware, wie Konditoren
ihre fertigen Tortenböden. Zwei Schwalben haben also doch der Stadt den
Sommer alter Burschenherrlichkeit gebracht.

*

Der Normalbürger überfliegt beim Frühstück seine Zeitung in der Reihenfolge
: Todesanzeigen. Gebührenerhöhung. Steuertermine. Unfälle. Hochschul-
nachrichten. „Ruf nach auswärts abgelehnt." Wundert ihn nicht groß. Soll froh
sein, daß er in Freiburg sein kann. Den Namen übrigens nie gehört. Allein
nach ein Theoretiker, die kennt man nicht so. „Ehrenvoller Ruf nach München
angenommen." Was? Soll mache, daß er fortkommt, lieber heut als morge.
Wie hat man so einen überhaupt hier behalten? Wird 'n armer Teufel sein,
den sie dort aufbessern, oder gut bei einer Partei angeschrieben.

Im Ansehen obenan stehen bei ihm der erste Leibschneider der Chirurgischen
, der Internist, der morgen in Tokio, übermorgen in San Francisco Freiburg
vertritt. Der Gynäkologe, der nach dem Kaiserschnitt vor ihm seine Brut

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