Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
75.1957
Seite: 37
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Riesennase, mit den Worten ab: „fehl ab Platze. Melden Sie sich im Schlachthof
, Abteilung Schlachtvieh".

Besonders nach der Hinrichtung des Mörders Hundertpfund stieg die Besucherziffer
der Sammlung. Man wollte seinen Kopf sehen und danach noch
(für 20 Pfennige) Einblick in Spezialorgane von einzigartigen Ausmaßen nehmen
. Kannte nur der Gebildete die Größen dieses Hauses: Wiedersheim, Eugen
Fischer u. a., wußte jeder Freiburger Geschichten vom Hausoriginal Eschle zu
berichten, das durch Explosion eines Benzinkochers bei der Knochenentfettung
zur Skelettherstellung ums Leben kam. An Volkstümlichkeit stand ihm sein Nachfolger
Franz Eggs gleich, der als Technischer Helfer die im ersten Krieg durch
eine Bombe zerstörte Anatomie wieder aufbauen half und dem Hunderte von
Studenten ihre Kenntnisse in Anatomie und ihre Präparate verdanken.

Auf gleicher Linie der Tüchtigkeit hielten sich die Hilfskräfte des Physikalischen
Instituts. Weiss, der es zu einer Meisterschaft des Akrobaten im Vorführen
physikalischer Tricks brachte, und bei den Zoologen Maier, der Bienenvater
, der noch unter dem Nobelpreisträger Spemann tätig war. Maier hatte
auch den Auftrag, den großen August Weismann, der jenseits seiner Altersgrenze
in seinen Vorlesungen einschlief, diskret zu wecken, wenn ihn das
Nickerchen befiel.

Uni und Bürgerschaft bildeten täglich den großen Strom der Kaiserstraße,
den Bummel, der von elf bis eins und abends von sechs bis sieben in Fluß
blieb. Punkt elf Uhr nahmen von der Treppe des Museums aus die Vertreter
des alten badischen Adels diese Parade ab, in legerer Unterhaltung über Familiennachrichten
und in der Mundart, die in ihren Kreisen heimisch war. Ohne
Graf Kageneck, das Original Franzele von Neveu und den beleibten Baron
von Gleichenstein keine LIeerschau.

Der Bummel bewegte sich zwischen Martinstor und Siegesdenkmal. Auf
der rechten Seite. Auf der andern, der Fünfzigpfennigseite, ging nur, wer sich
„nicht angezogen" fühlte, oder ein Päckchen trug. Studenten in couleur. Professoren
mit Voll-, Spitz- und lockigen Griechen-
bärten. Kein Bummel ohne Oltmanns, der mit
Taucherschritten dahintappte und kopfnickend
grüßte, wenn nicht gerade eine Walküre nahte,
die ihn während der Ferien in Lauerstellung
auf Helgoland zu erwarten versprach, wohin
er mit der Regelmäßigkeit der Aale robbte, die,
wenn ihre Zeit es verlangt, über Land und Meer
auf Tour sind.

Lange mit den gleichen weiblichen Werbemitteln
voraus, die in unsern Tagen die Film-
produzenten an Lolobrigida entdeckten, beherrschte
die Frau eines Chemikers das Feld
der Kaiserstraße. In heliotroper Frohwüchsigkeit
erwarteten alle Männer ihr Erscheinen.
Wie eine hohe Bugfigur eines Schiffes glitt sie
durch das Gewoge und beendete ihr Auftreten
meist in einem Friseursalon, um rasch noch die Blicke derer zu kassieren, die
unter dem Rasiermesser, im Spiegel nach ihr die Augen nahmen.

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